Es liegen jetzt drei Jahre der Rehabilitation und Therapie hinter mir. Davon verbrachte ich fünf Monate im Krankenhaus und weitere vier Monate auf stationärer Rehabilitation.
Dazu kamen unzählige Stunden im Fitnessstudio oder trainieren in Eigenregie.
Mein Leben besteht seit damals aus Therapie. Es war mir unmöglich, an etwas anderes zu denken. Nicht weil ich nicht wollte, sondern weil ich nicht konnte. Seit dem Jakobsweg war es mir klar, dass es so nicht weiter gehen darf. Allerdings wollte mein Gehirn noch nicht mittun.
Wenn ich zurückdenke, ist es mir klar. Mein Hirn hat mich in Schutz genommen, damals und jetzt auch noch. Es gibt mir so die Möglichkeit, mich voll und ganz aufs Gesundwerden fokussiert zu bleiben.
Man würde sonst an zu viele Sachen denken, was den Heilungsprozess verzögert.
Mein Ziel ist es, meine Feinmotorik zu verbessern und wieder mehr Automatisation zu bekommen. Besonders die Sprunggelenke sind mir ein Anliegen, um wieder mehr Beweglichkeit zu bekommen.
Ein vermehrtes automatisches Gehen soll die Folge davon sein. Genauso geht es in der Ergotherapie zu. Die Feinmotorik in den Händen und Fingern soll mir ermöglichen, wieder mehr greifen zu können.
Für die nächsten zwei Monate habe ich alles andere zurückgestellt und konzentriere mich voll auf die Therapien. Gleichzeitig habe ich zu Lernen, manchmal nicht an Therapie zu denken und einfach nur zu Leben.
In der Ergotherapie bekam ich den Anreiz, eine strikte Trennung von Therapie und privatem Leben zu finden.
Bisher war es ja so, dass Aufstehen vom Bett, der Gang in die Küche, Zähne putzen und der Versuch Kaffee zu kochen, so viel Aufwand bedarf, dass es für mich Therapie ist. Jede kleinste Tätigkeit ist Therapie.
Ich soll aber lernen, auch wenn es nicht einfach ist, ein normales Leben zu führen. Das muss ich auch, denn drei Jahre sind genug. Therapie ist Therapie und der Rest soll mein Leben werden.
Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber sollte doch immer wieder möglich sein. Bisher tat ich ja alles unter dem Gesichtspunkt, besser zu werden. Wenn du nichts richtig greifen kannst, kein Wunder. Muss ich was hantieren, tue ich es immer unter dem Gesichtspunkt, es wieder zu erlernen.
Das hat zwar noch immer Sinn, aber es darf auch Zeiten geben, wo ich nichts erreichen möchte.
Da muss ich besonders beim Spazieren gehen achtsam damit umgehen. Ich habe zum Lernen, dass es Zeiten gibt, in denen ich nur für mich spazieren gehe. Andererseits gibt es Zeiten für Spaziergänge, in denen die Therapie, also das Gehen lernen und Übungen am Programm stehen.
Das werde ich versuchen, umzusetzen. Ein wichtiger Schritt zurück ins Leben.
Das wird noch länger dauern, ist aber wichtig. Gerade im öffentlichen Raum mich bewegen zu können, ist noch ein Handicap.
Mein Muskelkorsett ist noch immer zu schwach, um im Bus oder der Straßenbahn sicher stehen zu können. Ich bin auf einen Sitzplatz angewiesen, um nicht umzufallen. Daher fahre ich nur zu den Zeiten, wo kaum Schüler unterwegs sind.
Da ich noch so darauf schauen muss, ist es Therapie für mich. Es wird noch eine Zeit lang dauern, bis ich entspannt mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann.
Für wichtige Termine lasse ich mich nach wie vor fahren. Da komme ich noch nicht drumherum. Ich bin halt noch immer nicht so weit, wieder ein normales Leben zu führen.
....mein Leitmotto! Egal was, es geht nur Schritt für Schritt. Mein Gehirn lässt es nicht zu, einen Schritt zu überspringen.
Noch muss ich genau überlegen, was ich meinem Körper zumuten kann und was nicht. Denn noch immer hat der Tag mehr Stunden, als meine Energie reicht. Darum muss ich mir genau überlegen, wo ich meine tägliche Energie einsetze.