Camino Baztan - von Bayonne nach Pamplona

8. Februar 2023
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4 Minuten Lesezeit

Camino Baztan - von Bayonne nach Pamplona im Jänner 2023

Der Camino Baztan wurde mein alternativer Zubringerweg, zum Camino France. Direkt vom Meer weg in Bayonne, geht es über die Pyrenäen nach Pamplona, wo ich auf den Camino Frances treffe. Der Weg ist auf bis zu 6 Etappen ausgelegt, für mich im Winter rechne ich allerdings mit 4 Tagen, aber dazu später mehr.

Mein Gehirn zu trainieren, dazu braucht es eine neue Herausforderung. Seit der Pandemie habe ich in meiner Reha nach dem Hirnabszess eine Menge nachzuholen. Durch die neue Strecke erhoffe ich mir eine Aktivierung von neuen Synapsen. Jeder Weg brachte bisher eine Verbesserung, trotzdem soll es diesmal nebenbei passieren, denn in erster Linie steht bei mir das Leben an, es soll nicht alles aus Therapie bestehen.

Camino Baztan

Camino Baztan, ab Bayonne

Um 8h30 kommt mein Bus in Bayonne an und mein erster Weg führt mich zur Kathedrale. Einen Stempel suche ich vergebens und auch das einzige geöffnete Café kann mit keinem dienen. Da ich nicht zu viel Zeit verlieren möchte, starte ich bald darauf. Zuerst mache ich mich im Café noch fertig zum Gehen, nach der langen Busfahrt.

Durch Bayonne hindurch, geht es vorbei an alten Festungsmauern zum Beginn des Weges. Am Fluss Nive, an dem ein Fuß- und Radweg entlang führt, schlängeln sich die ersten 10 Kilometer den Weg am Flusses entlang, auf dem sich zahlreiche Radfahrer und Nordic Walker tummeln. Auf dem Fluss sind die Ruderer unterwegs.

Da es flach ist, komme ich schnell vorwärts. Danach geht es leicht bergauf und bergab und ich entschließe mich, bis nach Spanien, nach Urdax, zu gehen, um im Kloster zu nächtigen. Alles in allem rund 36 Kilometer. Allerdings sollten es dann um einige mehr werden.

Der Umweg

Mit dem ersten Berg habe ich mich bereits ordentlich vertan. Kombiniertes und verschränktes Denken ist für mein Gehirn nach wie vor ein Defizit, dass ich bisher nicht beheben konnte. Die Orientierung ist mir das schon des Öfteren zum Verhängnis geworden, so auch dieses Mal.

Der Weg ist bisher an und für sich sehr gut gekennzeichnet, aber eine Tafel am Berg verwirrt mich. Ohne viel darüber nachzudenken, biege ich nach rechts ab und folge dieser Markierung. Das Jakobsweg Zeichen und die Camino Aufschrift bestärken mich. Allerdings ist ein anderer Camino gemeint, die richtige Strecke sollte für mich geradeaus weiter führen. Auf die Idee, dass hier noch ein anderer Camino kreuzt, komme ich nicht.

Ehe ich mich versehe, lande ich in einem Seitental, auf unwirtlichen Wegen. Plötzlich bin ich auch ohne weitere Wegweiser oder Markierungen unterwegs. Zurückzugehen ist zu weit, so nehme ich den ersten Weg wieder zurück hinauf auf die Höhe und schlage mich teilweise querfeldein durchs Gebüsch. Immer höher steige ich, um zurück zum Camino zu gelangen.

Nach einer anstrengenden Strecke bergauf durch den Wald, treffe ich auf Markierungen. Zwar bin ich wieder in die falsche Richtung unterwegs, aber zumindest auf einem Weg. Nach über 15 Kilometer Umweg, teils über Landstraßen, komme ich wieder auf den Camino Baztan und bin unterwegs nach Urdax, zum Kloster. Dort treffe ich erst um 19 Uhr ein.

Hier bin ich der einzige und gleichzeitig auch der erste Gast in diesem Jahr in der Herberge. 52 Kilometer stehen am Ende des Tages zu Buche. Die Herberge ist nicht geheizt, aber es gibt eine Mikrowelle, in der ich eine Suppe mache, die meine einzige warme Mahlzeit an diesem Tag ist.

Über den ersten Berg

Am zweiten Tag stehen rund 30 Kilometer am Programm, mit einer Bergüberquerung in rund 600 Meter Seehöhe. Gestartet bin ich am Vortag auf Meereshöhe. Nach einer kalten Nacht geht es im ersten Morgengrauen los. Ich bin jetzt mitten in den Pyrenäen und der Weg führt auf und ab. Am Pass stapfe ich nur die letzten 50 Höhenmeter im Schnee, denn die Schneegrenze liegt bei ungefähr 600 m.

Auf der anderen Seite geht es wieder runter und bald bin ich im Dorf, wo es eine Herberge geben soll. Ich telefoniere und zehn Minuten später wird mir aufgesperrt. Wieder bin ich der einzige Gast und im Steinbau ist es deutlich kälter, als draußen im Freien. Kein gutes Zeichen für die Nacht, denn ich gehe zum Aufwärmen nach Draußen. Wahrscheinlich wäre Biwakieren wärmer gewesen.

Die Königsetappe

Zunächst noch kurz bergab, führt die weitere Strecke für lange Zeit nur mehr bergauf. Ab rund 600 Meter Seehöhe beginnt wieder der Schnee. Die letzte Abzweigung auf die Straße hinaus lasse ich aus und folge der Markierung des Weges im Wald. Die Straße wäre die Alternative bei zu viel Schnee gewesen, der noch nicht so hoch liegt. Am Puerto de Otsondo bin ich oben angelangt, aber noch nicht am Ende. Kilometerlang zieht es sich noch am Höhenrücken dahin.

Zunächst nur stapfen, ändert es sich aber bald in tiefes Spuren. Es wechselt ab, zwischen tiefen und weniger tiefen Schnee. Harschiger Schnee erschwert das Vorwärtskommen, immer wieder breche ich ein und stecke meist mit einem Bein bis zur Hüfte fest. Mühsam winde ich mich heraus. Zehn Kilometer wird diese Tortur dauern, das ich als willkommenes Training sehe. Zwar nicht erwartet, aber genau deswegen bin ich hier.

Auf den Spuren von Skitourengehern wandle ich dahin. Über 900 Meter Seehöhe erreiche ich, überwiegend im tiefen Schnee spurend. Ich freue mich, als es endlich bergab geht. Trotzdem hat die Plackerei kein Ende. Zwischen Schnee, Schlamm und tiefem Morast komme ich nur langsam nach unten.

Nach vielen Stunden im Schnee erreiche ich das Dorf Amairu. Allerdings hat alles geschlossen, so früh im Jahr geht eben niemand diesen Weg. So ziehe ich weiter bis Olagüe, wo die nächste Herberge wartet.

Wieder ein Steinbau als Herberge!

In Berroeta bin ich um 13h30. Der Anblick der Herberge lässt mich gefrieren. Noch eine weitere Nacht in so einem kalten Steinbau lässt mich gefrieren und dazu habe ich kaum mehr Verpflegung. Nein, das möchte ich nicht und so entschließe ich mich, weiter bis nach Pamplona zu gehen, auch wenn es ein weiterer langer Tag wird. Bei herrlicher Abendstimmung erreiche ich Pamplona. Wieder sind es 49 Kilometer geworden.

Zu meiner Überraschung hat dort die Herberge Jesus y Maria geschlossen, sie wird als Obdachlosen-Quartier genutzt und ich muss mich nach einem anderen Quartier umsehen. Nach diesen 130 Kilometern in drei Tagen, nehme ich mir einen Rasttag in Pamplona. Weiter geht es dann am Camino Frances, unter hoffentlich besseren Bedingungen.

Jetzt raste ich erstmal aus, denn mein Gehirn war ordentlich gefordert. Mal sehen, ob es mir neue Synapsen gebracht hat. Zumindest mit dem Zurechtfinden wird es etwas besser und mit dem Meistern von Bedingungen.


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4 comments on “Camino Baztan - von Bayonne nach Pamplona”

  1. Im Sommer ist dieser Weg gewiss sehr schön, wenn die anderen Wege überfüllt sind. Doch im Winter sollte man vielleicht doch besser die nicht so einsamen Wege gehen? Und eigentlich ist es doch schade, an Herbergen vorbei gehen zu müssen, weil sie geschlossen sind ...

    1. Da hast du in gewisser Weise recht. Aber nach drei Wintercamino wollte ich was Neues probieren und nicht immer über den Winterweg nach Roncevalle. Einsamkeit ist für mich kein so großes Problem, schon gar nicht im Winter, weil der Camino nach wie vor eine Therapie nach dem Hirnabszess ist und ich die Ruhe brauche. Für Notfälle habe ich immer eine Biwakausrüstung dabei und kann auch bei Minusgraden im Freien übernachten. Die Herbergen haben ja eigentlich immer offen, zumindest die Öffentlichen. Es gibt dafür Telefonnummern, möchte man in einer bleiben. Die Wahrscheinlichkeit, dass man alleine bleibt, ist groß. Im Winter ist es allerdings nicht beheizt und deswegen sehr kalt. Im Freien wäre es wahrscheinlich wärmer. Der Winter hat seine eigene Faszination (für mich).
      Buen Camino

Ich bin Jörg, wohne in der Nähe von Graz und blogge hier über meinen Weg zurück ins Leben, das ein Hirnabszess 2016 völlig auf den Kopf gestellt hat.
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