Meine Defizite sind durch den Abszess am Thalamus entstanden, dessen Folge ein gestörtes Zentralnervensystem ist. Eine Verbesserung ist nur sehr langsam möglich, wenn überhaupt.
Ich werde nichts unversucht lassen, um diese Defizite zu verringern.
Sie hat mir sehr geholfen, den Hirnabszess so zu überstehen. Ich wurde in einem doch sehr guten körperlichen Zustand in das Krankenhaus eingeliefert. Das mir sehr viel gebracht.
Es wäre ein leichtes gewesen aufzugeben. Ich war rechtsseitig gelähmt und habe am ganzen Körper die Motorik verloren. Aber durch den Sport war ich darauf konditioniert, nicht aufzugeben. Vom ersten Moment an habe ich alles getan, um meine Fähigkeiten wieder zu erlangen.
Die erste Zeit war sehr entscheidend für das Wiedererlangen von Fähigkeiten. Darum habe ich auch soviel in diese ersten zwei Jahre gesteckt und es hat sich ja viel getan.
Allerdings fehlt noch viel zum vorherigen Zustand. Damit darf oder soll ich mich aber nicht vergleichen. Natürlich sage und denke ich mir oft: "Das hat aber früher anders funktioniert!".
Es ist aber müssig, dass mit dem alten Zustand zu vergleichen. Entscheidend ist, wie es mir damit jetzt geht und ob ich Verbesserungen erzielen kann.
Auf der Intensivstation waren es wenige Minuten am Tag, in denen ich was tun konnte. Den Rest schlief ich oder döste dahin.
Ich erhielt einen Fingertrainer, wie ihn auch Kletterer verwenden. Damit sollten meine Handmuskeln aktiv bleiben. Mehrmals am Tag verwendete ich ihn.
Einmal am Tag musste ich mich aufsetzen, was aber aufgrund des recht schnell auftretenden Schwindels nur für wenige Minuten möglich war. Es sollte Monate dauern, bis ich eine Stunde aufrecht aushalten konnte. Selbst heute noch bringe ich mich untertags immer wieder in die Waagrechte, um mich zu Erholen.
Man musste mir alles sagen. Von selbst konnte ich fast nichts tun, zumindest am Anfang. Ich konnte es nämlich nicht denken, ich wusste einfach nicht, was zu tun war. Ich konnte nur auf das reagieren, was gerade passierte.
Nach etwa zwei Wochen begann ich, die von den Beinen abgewickelten Thrombose-Bandagen, jeden Abend selbst aufzurollen. Immerhin vier bis sechs Stück am Tag. Ich machte das nicht irgendwie, sondern wollte sie schön zusammen gerollt haben.
Mit einer gelähmten Hand und einer, die immer weniger Gefühl bekam, ein schwieriges Unterfangen. Es war für mich so anstrengend, dass ich während dem Einrollen immer wieder einschlief. Aber ich blieb dran, Tag für Tag!
Das waren die ersten Reha-Maßnahmen bzw. der Versuch einer Mobilisation.
Mit dem Zähneputzen war das auch so eine Sache. Ich wollte es unbedingt selbst machen. Dabei konnte ich die Zahnbürste kaum selber in die Hand nehmen.
Aber ich wollte es wieder können. Es sollte fast ein Jahr dauern, bis ich wieder einigermaßen das Zähneputzen beherrschte.
Ich betrieb von Jugend an Sport, vom 13. Lebensjahr an Radsport. Zuletzt vor dem Hirnabszess widmete ich mich dem Trailrunning. Rückwirkend gesehen, hatte ich die bestmögliche Vorbereitung auf die Krankheit gehabt. Obwohl ich von Null weg wieder ins Leben starten musste, hatte ich ein hohes Niveau. (Hier gehts zu meiner Sportvergangenheit)
Gerade das Laufen im Gelände schulte die Koordination. Dazu habe ich die Reizweiterleitung der Nerven über Jahre im Sport trainiert. Das ZNS bedient sich quasi zwei Sprachen: Einer elektrischen und einer chemischen. Nur Blöd, wenn die gestört sind. Dann funktioniert im Körper gar nichts.
Deswegen musste ich auch bei Null beginnen.
Eine Definition für das Zentralnervensystem fällt selbst Experten schwer.
Ein Ansatz dazu lautet:
Na bumm, das heißt eigentlich, dass der ganze Körper mit dem Geist betroffen ist. Und das ist bei mir der Fall.
Im Anschluss ein paar Auswirkungen auf mein Zentralnervensystem und wo ich es spüre:
Jetzt versteht man vielleicht besser, warum ich immer über so viele Baustellen im Körper spreche. Jede einzelne braucht eine andere Therapie. Das überfordert meine Möglichkeit zu denken. Es geht nur "Step by Step".
Ich kann täglich nur eine beschränkte Anzahl von Übungen machen. Einen Plan zu erstellen, was ich wann mache, fällt mir schwer, überhaupt alles, was mit planen zusammen hängt.
Im Krankenhaus gab es eine Therapiemappe. Ich versuche mir jetzt einen Trainingsplan zu erstellen, so ähnlich wie in der Reha-Anstalt. Ich brauche etwas, an dem ich mich anhalten kann.
Ich habe mich mich am Jakobsweg wohlgefühlt. Den ganzen Tag über war ich den verschiedensten Anforderungen ausgesetzt. Ich trainierte täglich das unterschiedlichste beim Gehen, in den Pausen und den Herbergen. (Link zu den Jakobsweg Beiträgen)
Es war das Leben pur für mich. Es ging nur darum, sich um das wesentlichste im Leben zu kümmern und das war gleichzeitig die beste Therapie. Alle Bereiche konnte ich damit trainieren. Ich fühlte mich wohl.
Es heißt dranbleiben, um das Zentralnervensystem weiter zu verbessern. Selbst wenn das noch Jahre dauern sollte. Es wird mich noch längere Zeit im Griff haben.