Die letzten Wochen wurden aufgrund der Therapien sehr anstregend für mich. Ein Ausflug am Sonntag sollte mich wieder einmal der Stadt näher bringen. Seit dem Hirnabszess kann ich mich nur langsam an den Stress der Stadt gewöhnen.
Es hat nämlich einen besonderen Grund, warum ich gerade am Sonntag in die Stadt gehe?
Ganz einfach gesagt, es ist weniger los. Die Stadt stresst mich nach mittlerweile drei Jahren noch immer. Ich bin immer hin- und hergerissen zwischen dem, mich daran zu gewöhnen und das es mir nicht guttut. Schritt für Schritt und versuchen mich nicht zu überfordern.
Ich kann die vielen Eindrücke noch nicht verarbeiten und bin dementsprechend gestresst. Besuchte ich früher gerne Städte, ging in Museen und beobachtete das Treiben, vermeide ich es jetzt. Ich möchte aber in keine Vermeidungstaktik verfallen, daher setze ich mich immer wieder dem Bewusst aus.
Mitten durch die Herrengasse in Graz ist seit drei Jahren ein Horror für mich. Trotzdem wollte ich wieder einmal hin und was lag da näher, als es an einem Sonntag zu versuchen.
Es waren nicht viele Menschen unterwegs und ich genoss es, durch die Herrengasse zu flanieren. Unter anderem bekam ich in der Ergotherapie die Aufgabe, ohne nachzudenken oder an die Defizite zu denken, mich einfach wohlzufühlen.
Das funktionierte Streckenweise, aber nicht immer. Zu viele Fallen lauerten, auf die ich aufpassen muss. Mein System war meist in Alarmbereitschaft. Es auszuschalten ist mir nicht möglich. Ich kann mich nur "Step by Step" an etwas gewöhnen. Das passiert aber in einer für mich kaum wahrnehmbaren Langsamkeit.
Das Grün fehlt mir in der Stadt und komischerweise wird es plakatiert. Die Werbeindustrie nützt dieses Manko, den Menschen damit einzufangen. Eine Studie darüber wäre interessant, ob Menschen auf solche Werbung in der Stadt oder am Land gleich reagieren.
Für mich hat es auf jeden Fall einen schalen Beigeschmack. Grünräume werden immer mehr verbaut und hier und dort ein neu gepflanzter Baum oder anderes Grünzeug, soll über das Verschwinden hinweg täuschen.
Ich halte es ja doch nicht lange in der Stadt aus, daher verziehe ich mich bald in den Stadtpark. Es ist mein liebster Fluchtplatz in der Stadt, wenn wieder alles zu viel wird. Ich muss dann im Gehirn abschalten von all den vielen Eindrücken.
Diese Statue steht im Park und erinnert mich daran zu meditieren. Ich brauche aber nicht zu sitzen, ich bevorzuge die Geh-Meditation. Das war schon am Jakobsweg so, dass ich die meiste Zeit meditierend im Gehen verbrachte.
Durch die sehr intensive Physiotherapie besuchte ich nach der Herrengasse die Grünflächen der Stadt. Es war eine Abwechslung zu den Wäldern rund um Judendorf und der Versuch, mich an Neues zu gewöhnen. Ich war schon lange nicht mehr dort und wollte unbedingt wieder einmal hin.
Die vielen Teiche mitten im Wald, geben meinem Gehirn die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen. Die Stadt forderte mich mehr als gedacht.
Ein großer umgefallener Baumstamm ragte weit in den Teich. Er forderte einen heraus, auf ihm zu Balancieren. Es ist eine meiner Hauptaufgaben, meine Muskeln und Gelenke zu stärken, um mein Gleichgewicht besser halten zu können.
Ich balancierte am Rand, aber weiter hinaus, traute ich mich nicht. Zu groß ist die Gefahr ins Wasser zu fallen. Dieses Vertrauen habe ich noch nicht in mich. Es war ein Test, was traue ich mir zu und was nicht. Das war definitiv noch eine Nummer zu groß für mich.
Aber ich habe ein Ziel entdeckt. Am Rand führen Baumstämme im Wasser entlang. Darüber zu balancieren ist mein neues Zwischenziel. Vielleicht an einem warmen Sommertag, wo es nicht so schlimm wäre, wenn ich nass werde.
So erhalte ich immer wieder Zwischen- und Fernziele. Hier einige, die sich in mir festgehalten haben.
Zugegeben, vieles davon sind noch Träumereien. Aber der Traum ist nur eine andere Wirklichkeit.
Ein Hauptziel bleibt allerdings, wieder meinen Alltag bewältigen zu können.