Meine Durchquerung von Großbritannien ist Wirklichkeit geworden. Mit dem Erreichen von Lands End und mit dem südlichsten Punkt, Point Lizard, habe ich den JOGLE und die Nord/Süd Durchquerung von Großbritannien abgeschlossen.
Warum es diesen geografischen Unterschied überhaupt gibt, hat sich mir bis heute nicht erschlossen und ich habe auch bis heute vergessen, danach zu fragen. Liegen die beiden jeweiligen Punkte, im Norden, wie im Süden, doch nicht so weit auseinander.
Mit dem Erreichen von Lands End durfte ich wieder eine tolle Erfahrung hinter mich bringen, die mir viele neue Erkenntnisse in Bezug auf mein Funktionieren nach dem Hirnabszess brachte und das mir zeigte, dass das Lernen immer weiter geht.
Den Weg mochte ich zuerst mehr unter Rehabilitation einordnen, als unter "wieder Leben lernen". Wobei im Nachhinein gesehen, auch das nicht zu kurz gekommen ist und ich wesentliche Dinge auch geistiger Natur lernen durfte. Solche Weitwanderwege sind ganzheitlich zu verstehen.
Das Schlechtwetter verlässt mich auch diese letzten Tagen nicht. Stürmisch und regnerisch bleibt es, aber es kommt an manchen Tagen doch immer wieder kurz die Sonne heraus. Meine Fotos zeigen deswegen fast immer Sonnenschein, weil ich im Regen nicht immer das Handy zücke, um zu fotografieren.
Das Kaputt werden meines alten Handys, mit der guten Kamera, macht mich vorsichtig. Noch einmal ein neues zu kaufen, kann ich mir finanziell nicht leisten, aber gerade im Regen wird es nass und gleitet mir somit noch leichter aus den Händen. Daher heißt es, aufpassen. Ich habe überhaupt ein sehr geringes Budget, das macht diese Reise für mich sowieso schon besonders.
Wildnis und Wildheit wird mir auf diesen letzten 400 km am SWCP besonders gut vermittelt, aber auch, wie ich sie in meiner Rehabilitation einsetzen kann. Denn Wildnis erdet, etwas, was ich seit dem Hirnabszess brauche. Wildnis möchte auch keine Begrenzungen und sie zeigt mir immer wieder, mit meinen eigenen Begrenzungen umgehen zu lernen. Denn Begrenzungen erlebe ich oft genug aufgrund meiner Handicaps. Damit umzugehen, ist oft nicht so leicht. Sie sind von Außen nicht für jeden ersichtlich und das macht es für mich noch schwieriger.
Die Wildnis zeigt mir auch, wie ich authentisch leben und mit meinen Ängsten umgehen kann, welche Risiken ich eingehen möchte und welchen Selbstschutz ich brauche. Somit ist die Wildnis meine Therapeutin, die mir das Leben lehrt, wie kaum etwas zuvor. Genau das brauche ich jetzt, genauso, wie die Wildheit. Sie erinnert uns daran, wie wir instinktiver und im Einklang mit der Natur lebten.
...um überhaupt leben zu können. Es brachte mich die letzten Jahre immer mehr ins Leben hinein und war eine Voraussetzung, um das alles hier überhaupt erleben zu können. Meine Selbstwahrnehmung steigerte sich, ebenso wie die Wahrnehmung im Außen.
Jede einzelne absolvierte Stunde der letzten Jahre war ein Baustein und so immens wichtig, ich kann es gar nicht oft genug betonen. Das Bewegen im Tanz brachte mir so viele Erfahrungen und Erkenntnisse und ich bin meiner Therapeutin Hanna Treu so sehr dankbar für alles, was sie in den letzten Jahren für mich getan hat.
Genauso dankbar bin ich auch für die Tatsache, meine Rehabilitation in die eigenen Hände genommen zu haben und meinem Instinkt zu folgen, was mir guttut. Der Kontakt mit den Kräften und Energien der wilden Natur hilft mir, besser zentriert zu sein und wieder ins Gleichgewicht zu kommen, meiner Intuition zu vertrauen und diese auch zulassen.
Wildnis und Wildheit spürte ich schon früher, aber der Verstand ließ vieles nicht zu. Ich gehe heute einen Weg, der sich für mich richtig und stimmig anfühlt. Das bekomme ich immer wieder bestätigt, allerdings habe ich die letzten Jahre diese Wildheit in mir wieder zulassen lernen müssen. Sie ist meine Freundin, die mich wieder ins Leben bringt, denn am meisten spüre ich mich selbst, wenn ich mich der Wildnis aussetze.
Auf diesem Weg langen Weg durch England stellte ich mich vielen Mustern und Ängsten, konnte vieles bearbeiten und manches lösen. Es hat mich wieder einen Schritt nach vorne gebracht. Diese Wildheit durch Großbritannien und besonders entlang des Ozean am SWCP, spürte ich besonders gut, wobei es wichtig ist, Wildnis für sich zu definieren.
Wildnis hat für mich mit Freiheit zu tun. Wobei es mir wichtig ist, die innerer Freiheit zu leben. Nämlich dann, wenn ich Begrenzungen erfahre, im Innern wie im Außen, die ich mir ja oft selbst unbewusst auferlege.
Diese letzten Tage dieser Reise sind immer wieder ein Versuch, Resümee über diese zwei Monate am JOGLE zu ziehen. "Du bekommst, was du brauchst, nicht was du möchtest!", dieser Spruch vom Jakobsweg hat auch hier Gültigkeit. Meine Frage ist manchmal, WARUM brauche ich über vierzig Regentage und all die anderen Herausforderungen?
Darüber denke ich in diesen letzten Tagen nach und kann es gar nicht glauben, dass es bald vorbei ist. Allerdings nicht ganz vorbei, denn ich möchte ja noch nach Poole gehen, dem Ende des South West Coast Path. Davor heißt es aber die letzten Kilometer überstehen, die Konzentration aufrecht zu halten. Die haben es nämlich noch einmal in sich.
Mein vorletzter Tag beginnt in Portreath. Regen und Sturm Peitschen vom Meer kommend ans Land und machen es mir nicht leicht. Es geht Ausgesetzt am Meer entlang, mit so einem starken Gegenwind, dass ich kaum vorwärtskomme. Es gibt kaum Hecken, hinter denen ich vom Wind geschützt gehen kann und immer wieder Regen, der mir waagrecht entgegen kommt, mit starkem Sturm.
Eine Weile gehe ich zwischen Dünen entlang und dann wieder direkt am Strand. Ich kann zwischen steilen Hügeln im tiefen Sand oder am flachen Strand, mit stürmischem Gegenwind entscheiden. Beides ist gleich schwierig und nach Stunden diesen Elementen ausgesetzt, wechsle ich auf die im Land gelegene Straße, denn neben dem Meer wird es mir zu gefährlich.
Die Windböen kommen zum Glück vom Meer, so werde ich immer nach links, gegen die steile Böschung gedrückt. Rechts geht es genauso steil nach unten, wo das Meer wartet. Es wird mir zu gefährlich auf den schmalen Steigen weiterzugehen und ich schlage mich irgendwie in die Richtung zur Straße durch. Wobei auch diese nicht ungefährlich ist.
Schmal, rechts und links, mit hohen Hecken, kein Seitenstreifen für Fußgänger, viele Kurven und Verkehr. Immer wieder wechsle ich die Straßenseite, da ich den Gegenverkehr nicht einsehen kann. Nach vier Kilometer erreiche ich den Stadtrand von Hayle und beim ersten Gehsteig kann ich Durch- und Aufatmen.
Das erste Pub am Weg nutze ich zum Frühstücken. Obwohl ich damit mein Budget überschreite, bestelle ich mir ein ordentliches, bestehend aus Omelett, Speck, Würstchen und Bohnen. Dieses Unwetter zehrt an meinen Kräften und ich muss aufpassen, nicht in ein kalorisches Defizit zu laufen. Besonders auf genug Eiweiß muss ich achten und genug zu mir zu nehmen. Wegen der Muskelschwäche dürfen Defizite erst gar nicht aufkommen.
Nach Hayle beginnt wieder einmal die Sonne zu scheinen und ich genieße die warmen Strahlen. Unterwegs trockne ich mein Zelt und alles andere, was feucht ist, lege es in die Wiese, in die für ein paar Minuten heiße Sonne. Ein Kaffee ist schnell zubereitet und in der Sonne liegend raste ich.
Nach einer halben Stunde ist die Sonne wieder weg und bei den ersten Regentropfen packe ich schnell alles ein. Bei Bewölkung nähere ich mich auf schönen Pfaden St. Ives. Die Zeichen des Camino Ingles erlebe ich bei Sonne, um St. Ives wieder im Regen zu erleben. Es ist eine der teuersten Gegenden von Cornwall. Schon seit Wochen sind alle Quartiere hier ausgebucht, so auch das einzige Hostel in der Gegend. Mir ist daher klar, dass ich hier nur durchgehe und mich nur versorge.
In der Stadt beschränke ich mich auf eine Dose Baked Beans. Diese esse ich, vom Regen geschützt, unter einer Markise vor einem Geschäft, in der belebten Fußgängerzone. Am Boden sitzend, schaue ich aus wie ein Obdachloser, denn der viele Regen und das Zelten der letzten Tage hat Spuren hinterlassen. Es ist aber egal ist, denn Essen, Einkaufen und danach möglichst schnell wieder auf den Trail, was anderes zählt für mich nicht. Mein Ziel ist es, noch möglichst weit in Richtung Lands End zu kommen, denn nur dann dann kann ich es morgen erreichen.
In einem Outdoorladen ergänze ich meine Vorräte mit Flipjacks, von denen jeder fast 400 Kalorien hat und mit speziellen Mint Riegeln, die schon Edmund Hillary auf seinem Gipfelgang zum Everest dabeihatte. Die Firma hat ihren Sitz in Kendal, nicht weit vom Weg, wo ich vor ein paar Wochen vorbeigekommen bin.
Es ist schon später Nachmittag und ich möchte noch einige Kilometer in Richtung Lands End zurücklegen. Allerdings sind diese Kilometer nach St.Ives bei diesem Wetter besonders schwierig. Als wollte mich dieses Land vor dem Ende nochmals prüfen, führt ein schmaler Steig entlang des Meeres, gespickt mit großen Steinblöcken, durch die ich durch und drüber klettern muss. Dazu gibt es immer wieder Regenschauer. Die Wildheit nimmt wieder zu.
Ich brauche oft die Hände, um mich hochzuziehen oder abzustützen. Mit dem Rucksack ist es ein immenser Aufwand, die Balance zu halten. Nur langsam komme ich weiter, denn ständig muss jeder Schritt hochkonzentriert gesetzt werden. Ein Fehltritt hätte fatale Folgen, inmitten dieses Steinfeldes. Gegen sechs Uhr Abend überhole ich zwei junge Wanderinnen, mit riesigen Rucksäcken. Ich kann mir gar nicht vorstellen, so etwas auf meinen Rücken zu schnallen, geschweige denn, über diesen Trail zu tragen.
Da ich nicht vom Trail weg ins Hinterland gehen möchte, um einen Zeltplatz zu finden, bleibt Wildcampen die einzige Möglichkeit. Allerdings findet sich kein einziges, halbwegs ebenes Stück Wiese und ich sehe mich schon irgendwo zwischen Steinen sitzend, biwakieren. Seit dem Start am Nachmittag in diesen Abschnitt sind schon Stunden vergangen und die Sonne geht bald unter.
Da führt der Trail für kurze Zeit an einer Steinmauer entlang, bis an ein Gatter, mit einem schmalen Wiesenstück davor. Unbequem, aber zur rechten Zeit, denn bis zur Dunkelheit ist es nicht mehr weit. Der Blick hinter das Gatter verheißt ein mehr ebene Fläche, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob es nicht irgendwo Kühe gibt.
Es ist alles ruhig und so baue ich schnell das Zelt dahinter auf, richte mich und alles andere her. Es ist viel ebener. Meine Füße sind vom vielen Regen verschrumpelt und alles ist nass und schmutzig. Diese letzte Nacht vor Lands End hält mich noch auf Trab. Kein Gedanke daran, dass morgen mein großer Tag ist, keine Gedanken an die vergangenen zwei Monate, kein Resümee ziehen oder nachdenken an das, was bisher war. Ich bin so fest in der Gegenwart verankert und darf nicht nachlässig werden oder die Konzentration beenden. Meine über die letzten zwei Monate erlangten Routinen und das Jetzt sind wichtiger, als über Vergangenes zu sinnieren.
Diese zwei Monate waren so lebensbejahend, wie auch das Gefühl, mit der Natur zu verschmelzen, wenn ich der Kraft der Naturelemente begegne und das Gefühl habe, genau hierher zu gehören. In solchen Momenten wird mir bewusst, was Heilung ist. Es ist nicht das völlige Verschwinden von Krankheit, es hat mehr mit einem Inneren Heil werden zu tun. Werde ich Innen Heil, kann auch das Außen folgen.
Mit einem satten, vollen und Erdverbundenen Gefühl, blicke ich weit übers Meer, vor mir die steil abfallenden Klippen, an die das Wasser tief unter mir an die Felsen schlägt. Ich bin einfach nur glücklich, hier zu stehen.
Nach einer Regenreichen Nacht wache ich im Morgengrauen auf, zum Glück ohne Regen. Als erstes wische ich die Zeltinnenseite mit meinem kleinen Wetex-Tuch ab. Die Kondensation war stark diese Nacht, wie so oft. Um beim Herrichten im Zelt nicht nass zu werden, wische ich es vor dem Aufstehen immer ab. Ich packe alles im Zelt fertig, erst dann stehe ich auf, denn das Zelt kommt als letzer dran.
Wie ich die Plane öffne, schaue ich in die mich fixierenden Augen einer stehenden Kuh, etwa 100 Meter entfernt. Weiter dahinter kommen andere, mit ihren Kälber, alle auf mich zutrottend. Schnell werfe ich den Rucksack über den Zaun, ziehe die Heringe aus dem Boden, werfe das Zelt über das Gatter und springe hinterher. Auf eine Konfrontation mit Ihnen möchte ich mich nicht einlassen, der letzte Schreck liegt mir noch in den Knochen und liegt noch nicht so lange zurück und diesmal sind auch Kälber dabei.
Es regnet zwar nicht, aber die Gräser sind voll mit nassen Tropfen der Nacht und der Trail ist glitschig. Auf meiner Wander-App ist nicht erkennbar, wo das einfachere Gelände vor Lands End beginnt. Nach zwei Stunden Kraxelei durch dieses nasse Wirrwarr komme ich zu ersten Ruinen, wo ein idealer Zeltplatz gelegen wäre. Leider bin ich gestern nicht mehr so weit gekommen.
Ab jetzt ist Bergbaugebiet, in dem früher Zinn und Kupfer abgebaut wurde, teilweise schon im 18. Jahrhundert. Eindrucksvolle Zeugnisse vergangener Epochen. Es tauchen vereinzelt Spaziergänger auf, also kann es nicht mehr weit bis in die "Zvilisation" sein. Es ist immer wieder ein eigenartiges Gefühl, dort aufzutauchen, diesmal sogar mit dem Gefühl, England durchquert zu haben.
Noch ein bißchen Auf und Ab, dann bin ich da. Allerdings stellt sich kein Gefühl der Freude oder das Glücklichsein über die Durchquerung bei mir ein. Im Gegenteil, ich bin überfordert mit Lands End und eigentlich enttäuscht. Es erwartet mich ein kleines Disneyland, viele Menschen und eine endlos lange Schlange, vor dem Schild von Lands End. Das ist zuviel für mich, da macht mein Gehirn nicht mehr mit. Mickey Mouse und Konsorten laden ein und alles geht zu, wie am Rummelplatz.
Ich bin so von der Rolle, dass mir fast keine Bilder gelingen. Diesen Trubel habe ich nicht erwartet und schneller als gedacht, gehe ich weg von dort. Mein Ankommen ist zugleich ein Weitergehen. In einem nahen Campingplatz entschließe ich mich dazu, am nächsten Tag, noch ganz in der Früh, noch einmal das Schild zu besuchen. Damit habe ich also den JOGLE beendet.
Jetzt fehlt nur noch der südlichste Punkt, in Point Lizard gelegen, den ich nach einigen weiteren Tagen erreiche. Es ist ein nebeliger Tag, mit kaum Aussicht. Ich gehe bis ans Meer, wo ich die durch ganz Grobritannien gesammelte Federn und einen Stein ins Meer werfe. Die Federn Symbolisieren Leichtigkeit, eine Leichtigkeit im Leben, aber auch eine Leichtigkeit des Körpers, an der ich seit 2016, wie ich aus dem Krankenhaus gekommen bin, arbeite.
Damals war alles schwer, besonders die Bewegung. Das Heben eines Armes war schwer, die Beine beim Gehen und erst mit dem Beginn des therapeutischen Tanzen im Jahr 2019, brachte von Jahr zu Jahr mehr Leichtigkeit in mein Leben.
Mit dem JOGLE habe ich mein bisheriges Meisterstück vollbracht, was allerdings nicht heißt, dass ich die vollendete Leichtigkeit erreicht habe. Da sind wir wieder beim Heil werden, noch fehlt trotzdem viel.
Die Heilwerdung schreitet voran, ungeachtet der noch vorhandenen Defizite. Die 2.000 km durch England habe mich wieder weitergebracht. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass ich nicht damit aufhören darf, mich zu bewegen. Ein einmal erreichtes Plateau bleibt mir nicht erhalten, zu schnell geht es wieder in die andere Richtung, wenn ich mich weniger bewege. Deshalb ist Dranbleiben so wichtig.
Solange ich durch Gehen mein körperliches Befinden besser erhalten kann, werde ich gehen. Das werde ich machen, solange ich kann oder motiviert dazu bin. Das ist die wohl wichtigste Erkenntnis von diesem Weg.
Zum Abschluss möchte ich mich bei allen bedanken, die mich auf dem Weg unterstützt haben. Ohne Euch wäre es anders abgelaufen. 😉 DANKE
Mein letzter großer Teilabschnitt des JOGLE steht bevor. Ich entscheide mich für den Weg an der Küste, mit dem South West Coast Path am Ende. So lerne ich auf meiner Mission JOGLE beinahe alle großen Weitwanderwege Englands kennen.
Zum South West Coast Path habe ich eine besondere Beziehung aufgebaut, da er schon seit Jahren in meinem Geiste herumschwebt, mir aber immer zu schwer war. Nicht umsonst gilt er als einer der schwersten Weitwanderwege in Europa. Eigentlich hatte ich ihn zuerst alleine ins Auge gefasst und erst danach die England-Durchquerung für mich entdeckt.
Die letzten zwei Wochen habe ich mich gut erholt, allerdings nicht meine Geldtasche. Ich merke, dass die Ferienzeit in England beginnt, denn alle Quartiere sind preislich merklich gestiegen. Hostels, die noch im Mai 15 - 20 Pfund verlangten, wollen plötzlich das doppelte und mehr, nur für ein Bett im Schlafraum, wohlgemerkt.
Ein Hotel oder eine Pension unter 100 Euro zu finden, wird fast unmöglich. Wenn ich etwas finde, ist es zu Fuß meist zu weit abseits vom Trail oder ausgebucht, so bleibt mir meist nur das Zelt.
Frühmorgens gehe ich los und finde natürlich kein offenes Café. Ich habe schon damit gerechnet, denn so früh hat hier kaum was offen. Die meisten sperren erst ab 10 Uhr auf. Ich möchte aber am liebsten in zwei Tagen in Minehead sein, wo sich der offizielle Start des South West Coast Path befindet, daher mein früher Aufbruch.
Um Strom für das Handy zu sparen, möchte ich den Samarither Weg gehen, der an für sich gekennzeichnet ist und ich daher nicht so oft das Handy zum Navigieren brauche. Allerdings wird der Weg anscheinend wenig begangen, denn die Wege sind schlecht, führen durch hohe Wiesen mit Brennesseln und sind nicht gepflegt.
Es sind oft öffentliche "Footpath Wege", die meist über privates Land führen. Schon auf den ersten Kilometern vergehe ich mich einige Male, weil die Wegweiser zugewachsen oder gar nicht vorhanden sind. Dann stehe ich mitten im Nirgendwo und muss mich in die richtige Richtung selbst durchkämpfen. Also wieder nichts mit Dahinspazieren, ohne nachdenken zu müssen.
An einem Gatter gehe ich durch, um nach einem Hügel eine Rinderherde zu bemerken. Ich habe noch etwa hundert Meter bis zum nächsten Gatter, da bemerkt mich die erste Kuh. Aufschauen und losrennen passiert in einem Augenblick, aber nicht nur sie, auch die anderen dreißig Kühe laufen augenblicklich los. Es wird einem zwar geraten stehenzubleiben, aber wenn dreißig Kühe hinter dir losstürmen, dass der Boden wackelt, habe selbst ich kein Vertrauen mehr darauf, dass sie ebenfalls stehenbleiben, wenn ich es tue.
Es wird mein längster Sprint seit sieben Jahren. Wenige Meter vor dem für mich "lebensrettenden" Gatter, ist die erste Kuh noch etwa zwanzig Meter hinter mir. Da sehe ich, dass der Riegel für mich, mit meiner schlechten Feinmotorik, zu langsam zu öffnen ist. Also entscheide ich mich fürs raufklettern und auf der anderen Seite hinunterspringen. Das Gatter ist allerdings höher als normal, nämlich rund 2 Meter und damit noch mehr ein Hindernis.
Ich springe gleich auf eine obere Sprosse, klettere höher und werfe mich auf die andere Seite hinunter. Nach unten sind es rund eineinhalb Meter, zu viel für mich, um eine Landung auf zwei Beinen zu überstehen. Irgendwie schaffe ich es, mich mit Rucksack in der Wiese abzurollen und liege dann wie erschlagen da, hinter mir das Gatter mit schnaubenden, mit den Hufen am Boden scharrenden Kühen. Wäre es mit Vertrauen leichter abgegangen? Ich weiß es nicht und muss mich erst einmal erholen.
Ab diesem Erlebnis gehe ich erst einmal auf der Straße weiter, verzichte auf "Footpath" Wege, bis ich bei Bridgwater an den Meeresarm gelange. Zum Übernachten klettere ich am Abend über ein Gatter, auf eine Weide neben der Straße. Dort finde ich eine ebene Flächen für das Zelt, nicht ohne mich vorher zu vergewissern, dass ich alleine bin und die Weide nicht von Kühen besetzt ist. Von den Farmern wird das allgemein toleriert, wenn man nichts zurück lässt und sich entsprechend verhaltet.
Starker Wind erschwert mir das Vorwärtskommen. Dazu regnet es immer wieder und die schmalen Pfade kommen mir nicht entgegen. Wegen dem Gleichgewicht gehe ich eher breitbeinig und so wanke ich oft von links nach rechts, als wäre ich betrunken. Seit Beginn in Schottland, erarbeite ich mir jeden Meter, ein einfaches Dahingehen ist einfach nicht möglich.
In der Ferne tauchen riesige, alleinstehende Gebäude neben dem Meer auf, die sich als Atomkraftwerk entpuppen. Es steht direkt am Meer und muss von uns Wanderern umgangen werden. Dabei merkt man erst die eigentliche Größe, denn für den Umweg brauche ich fünf Kilometer, immer entlang eines stark gesicherten Zaunes. Das sind immerhin etwa eine Stunde Gehzeit, immer das Kernkraftwerk neben sich.
Irgendwie habe ich ein mulmiges Gefühl, wie ich daran vorbeigehe und bin froh, als ich vorüber bin. Von weitem sehe ich es noch lange, wenn ich zurückblicke. Bilder von Demonstranten vor einem Atomkraftwerk kommen mir in Gedanken. So allein und abseits stehend, inmitten von grasenden Kühen, hat es etwas befremdliches, verstörendes an sich.
Kurz vor Minehead übernachte ich und am nächsten Vormittag gehe ich in die Stadt. Die vielen Menschen erschlagen mich. Es wimmelt nur so an jeder Ecke von Touristen und mehrere Vergnügungsparks machen Lärm. Überall befinden sich Spielsaloons für Kinder und Geschäfte für Souveniers. Es ist so ein Trubel, der mich nach so langer Zeit in der Natur verstört und ich bin ein wenig enttäuscht, dass an einem solch geschäftigen Ort der "berühmte" South West Coast Path beginnt.
Noch schnell in einem Laden einkaufen, denn die nächsten Tage weiß ich nicht, was mich erwartet. Für zwei Tage möchte ich immer mit Essen grundversorgt sein. Das heißt, genug Energieriegel, Brot und Fertignudeln.
Nach diesem letzten Einkauf gehe ich weiter ans Ortsende. Plötzlich treffe ich auf die Jakobsmuschel und Hinweise auf den Jakobsweg. Sie werde ich immer wieder treffen und mir kommt die Idee, danach mit der Fähre nach Spanien zu fahren und den Camino Ingles nach Santiago zu gehen. Mit dem Blick auf den Preis für die Fähre, verwerfe ich aber diesen Plan.
Dann das Schild, wo der South West Coast Path beginnt. Während dem Fotografieren sehe ich in der Nähe eine alte Dame am Gehsteig stürzen. Sie fällt so unglücklich auf das Gesicht, dass ihre Lippe aufplatzt und sie Schürfwunden im Gesicht und an den Händen erleidet. Sie ist geschockt und kommt kaum hoch. Ich setze mich zu ihr und wir reden beruhigend, so kann sie sich ein wenig erfangen. Bekannte warten 15 Gehminuten entfernt, so helfe ich ihr auf, bis sie kommen und sie setzt sich in ihr Auto, welches nicht weit entfernt parkt.
Ich mache meine Fotos fertig, immer mit einem Blick auf die Dame, bis ihre Bekannten kommen. Für mich beginnt nach dieser Aufregung der letzte große Abschnitt, der berühmte South West Coast Path.
Rund 1400 km liegen hinter mir und etwa 500 km bis Lands End und Point Lizzard, vor mir. Da ich niemals die Kilometer zähle, weiß ich es gar nicht genau. Gleich der erste Anstieg zeigt mir, was mich hier erwartet. Steil geht es lange durch einen Wald bergauf und ich spüre den überladenen Rucksack. Immer wieder einsetzender Regen erschwert alles. Das kann ja heiter werden.
Seit dem West Highländer Way in Schottland habe ich täglich Regenwetter und wie es ausschaut, wird sich das in nächster Zeit nicht ändern. Kurze Regenpausen, manchmal auch mit ein wenig Sonne, erleichtern alles, bevor es gleich wieder zu schütten beginnt.
Mein Empfinden ist es, seit dem Start des JOGLE, jeden Meter hoch konzentriert gehen zu müssen. Das bleibt auch auf diesem Abschnitt so. Der Regen, die steilen An- und Abstiege und praktisch kein Stück zum Erholen, machen erneut eine Konzentration nötig, wie ich sie auf noch keinem Weg auf diese Art erlebt habe.
Oft schnaufe ich durch, weil das Gehirn eine Pause braucht, oft mehr noch als der Körper. Dieser Weg ist seit Wochen eine einzige Übung im Hier und Jetzt zu sein und im gegenwärtigen Augenblick zu leben. Damit komme ich auch mir immer näher.
Denn du findest dich selbst, indem du in die Gegenwart kommst und das bietet hier jeder Augenblick. Schön langsam fügt sich eins zum Anderen, die tausenden Kilometer der letzten Jahre waren nicht umsonst und ich werde weitergehen, bis ich wieder ganz bei mir bin.
Es weht ein starker Gegenwind, der sich immer wieder zum Sturm mausert. Da ist nichts mit, Fuß heben und er fällt alleine nach vorne. Nein, jeder Schritt muss aktiv nach vorne gesetzt werden und wenn ich nicht aufpasse, weht der starke Wind den Fuß zurück und ich treffe beim Auftreten nicht die gedachte Stelle. Stolpern ist oft unvermeidlich, aber daher ist meine Aufmerksamkeit auch größer.
Dazu kommen die schmalen Steige, in welche die Gräser hineinhängen und die Füße bei jedem Schritt bedecken. Deswegen kann ich oft meine Füße nicht sehen und stolpere dahin. Nebenbei streife ich beim Gehen das an den Halmen gesammelte Wasser ab, was mir fortwährend nasse Schuhe und Socken beschert.
Dazu die vielen Höhenmeter, denn es geht in einem auf und ab. Die Steige sind so steil, dass mit Brettern die Stufen befestigt sind. Allerdings für mich oft Kniehoch, was den Aufwand steigen lässt. Kleine Leute werden hier ihre Schwierigkeiten haben, wenn ich mich schon schwertue.
So viele Stufen bin ich in seit dem Hirnabszess nicht mehr gestiegen. Bilder von zu Hause, vom Schlossberg, kommen mir in den Sinn. Dort lernte ich Stufensteigen. Am Anfang meiner Rehabilitation dachte ich nur daran, ich muss wieder Kraft aufbauen. Ich erhoffte mir eine Verbesserung der Kraft, dass sich aber schließlich als Muskelschwäche herausstellte. Dazu gesellte sich die gestörte Propriozeption, die nichts mit der Kraft zu tun hat und wo ich erst lernen musste, damit umzugehen.
Die Nervenverbindungen sind nachhaltig gestört, trotzdem habe ich mich seither enorm weiter entwickelt, aber eben im Rahmen mit der Muskelschwäche und der verloren gegangenen Propriozeption. Vom Bett aufstehen erforderte anfangs eine Höchstleistung. Heute geschieht es noch immer nicht leicht, aber ich empfinde es als nicht mehr als so anstrengend und so ist es in vielem. Die Möglichkeit 50 Kilometer gehen zu können, hilft mir im täglichen Leben zu Hause länger durchhalten.
Das viele Gehen ist im weitesten Sinne auch eine Flucht. Ich fliehe vor einer Starre und der Angst, mich nicht bewegen zu können. Daher vermeide ich alles, was diese Situation auslösen könnte und spüre schnell, wenn etwas passiert, was mich erstarren lässt. Gehe ich ein paar Tage nicht, falle ich sofort zurück und das möchte ich verhindern. Denn was damals dafür notwendig war, möchte ich nicht nochmals erleben.
Gerade das Gehen ist ein guter Parameter dafür, denn dann merke ich sofort, wenn etwas nicht stimmt. Durch die Hochsensibilität sind meine Sensoren so fein, dass ich mich nicht belügen kann. Zu spüren und anzunehmen, was ist, sowie für mich das Beste zu tun, ist ein Lernprozess, der bis heute anhält.
Für mich ist es wichtig, ohne Ziele genauso glücklich zu sein. Klar habe ich den JOGLE als Ziel, jedoch mache ich mein Glück nicht davon abhängig, ob ich es erreiche oder nicht. Nur wenige Tage vor dem Beginn des SWCP, fühlte ich mich so glücklich und gut drauf, dass ich nach Hause fahren hätte können. Mein Glück hing nicht davon ab, ihn zu beenden oder nicht, so wie alle Wege die ich bisher bestritt.
Mein Weg darf niemals ein Kampf sein oder mich in ein Ziel gar zu verbeißen. Natürlich ist der JOGLE das bisher schwierigste Unternehmen, welches ich seit dem Hirnabszess mache, aber ich denke in anderen Dimensionen. Es geht mir nicht um das Prestige oder damit ich sagen kann, ich habe England durchquert. Jeden Schritt mache ich für mich und mein Leben, welchem ich damit einen Sinn gebe.
In den letzten Jahren hat sich immer mehr gezeigt, wie sehr mir der Aufenthalt in der Natur guttut. Die ersten Jahre war ich noch bemüht, mich auch wieder in der Stadt zurechtzufinden. Das ging nur schleppend und langsam dahin und in der Pandemie verschlechterte es sich sogar. Bis ich mich entschied, vorrangig in der Natur zu bleiben und mithilfe der Natur Verbesserung zu erwirken.
Deshalb tut es so gut, England, praktisch bis auf wenige Ausnahmen, in der Natur zu durchqueren. An größeren Städten besuchte ich nur Inverness, Glasgow, Bristol, Penzance und Exiter, wo ich Ruhepausen einlegte.
Meine Highlights sind die kleinen Fischerdörfer am Weg. Oft, aber nicht immer, bekomme ich hier meinen Kaffee und kann das Telefon und die Powerbank aufladen. Dann bleibe ich bei meiner Tasse eineinhalb Stunden sitzen oder zumindest so lange, bis ich wieder genug Strom bis zum nächsten Tag habe.
Es ist meistens meine einzige Pause am Tag, denn der Sturm und Regen verhindert es, mich unterwegs wo hinzusetzen. Es gibt keine Unterstände am Weg und alles ist nass. Die wenigen kurzen Sonnenpausen nutze ich, um das Zelt zu trocknen.
Die Dörfer bestehen aus Steinhäusern, mit oft liebevoll angelegten Gärten davor. Zumindest am Anfang stellte ich mir so typische Dörfer an der Küste vor. Je näher ich Lands End komme, umso touristischer wird jedes Dorf und die Menschenmenge wird immer größer. St. Ives ist eine der teuersten Städte und Gegenden und alles ist ausgebucht.
Der totale Kontrast zu den bisherigen Fischerdörfern auf der Westseite. Hier scheint sogar für ein paar Stunden die Sonne, in denen ich auf das Jakobswegzeichen und die Muschel stoße.
Mir ist der Sturm gar nicht so bewusst, denn ich erlebe ihn zwar jeden Tag, aber was soll ich anderes machen. Für mich ist es jeden Tag ein Suchen, bis ich einen Schlafplatz finde. Hinter den Hecken, geschützt vom Wind, geht es einigermaßen, aber das muss ich erst einmal finden.
Über steile Stufen geht es eine Klippe nach der anderen rauf und runter. Da dauert es oft lange, bis ich einen Platz fürs Zelt finde. Ungut ist es, am Morgen, wenn es regnet, das Zelt abzubauen und einzupacken. Dann brauche ich später eine Regenpause, am besten mit Sonne, um das Zelt unterwegs trocknen zu bekommen. Es gibt kaum was Unangenehmeres, als am Abend das nasse Zelt aufzubauen und hineinzuschlüpfen. Oft bleibt mir nichts anderes übrig. Dann passe ich auf, dass der Schlafsack nicht den Boden berührt, damit er ja nicht feucht wird. Ich esse noch etwas und versuche dann einzuschlafen.
An Abenden mit Regen lasse ich das Kochen meist sein und verpflege mich kalt, mit allem, was ich habe. Ein Stück Brot, dazu Käse und manchmal ein Stück Salami. Ist am späteren Tag noch ein Kaufhaus am Weg und konnte ich mich dazu aufraffen mehr zu tragen, kam eine Avocado dazu. Man wird sehr genügsam, denn in den gesamten drei Monaten habe ich nur ein paar Mal Butter gegessen, es ist jedes Mal ein Highlight.
Überhaupt bekommt mit Fortdauer der Tour Fett und Zucker eine immer wichtigere Stelle in meiner Ernährung ein. Für genug Protein habe ich mir unterwegs Kapseln besorgt und ich kaufe mir Mozzarella, wenn ich ihn bekomme. Da er recht schwer ist, ist er nach ein paar Metern aufgegessen.
Manchmal koche ich am Nachmittag in einer Regenpause und erspare mir dann das Essen machen am Abend. Da es oft kalt ist, besonders wenn die Sonne untergeht, bin ich froh darüber, dass ich mich in meinen Schlafsack legen kann und nichts mehr machen muss.
Eigentlich dachte ich ja, am South West Coast Path auf mehr Menschen zu treffen, an meiner Kommunikation arbeiten zu können und mich mit mehr Menschen zu unterhalten. Durch das schlechte Wetter bin ich aber praktisch alleine und finde kaum jemanden zum Reden. Seit dem Beginn in Schottland, habe ich mit vielleicht 20 Personen richtig geredet. Die Bedienung im Pub oder der Supermarktkasse zähle ich nicht dazu.
Auf dieser JOGLE Reise bekommt das Alleinsein eine besondere Bedeutung. Aufgrund der Gegebenheiten entscheide ich mich dazu, dieses Alleinsein zu nützen. Ich fühlte mich nie einsam, sondern sehe es als eine gute Möglichkeit, Vertrauen zu bilden, um das Selbstvertrauen zu stärken. Nur wenn ich zu mir Vertrauen habe, sind andere eine Quelle der Freude, nicht der Angst oder Sorge. Diese Tage sind unheimlich lehrreich für mich und bringen mich wieder ein Stück weiter.
Diese Abgeschiedenheit gibt mir Raum für Heilung. Es ist das erste Jahr, dass ich solche Dinge wie Alleinsein verstehen und begreifen kann und was es für mich bedeutet. Ich sehe mich selbst und kann mich erstmals selbst bewerten, ohne auf andere angewiesen zu sein. Innere Konflikte kann ich in einer Gesamtheit sehen und erkennen, wie nie zuvor. Das macht Heilung aus.
In der rauen Natur neben dem Ozean, täglich den Elementen der Natur ausgesetzt, führe ich ein Leben, wie ich es möchte. Täglich geht es um nichts anderes, als das Leben selbst. Auf meine Intuition zu hören und ihr zu vertrauen, das erlebe ich speziell auf den wilden einsamen Wegen, über die Klippen.
Es sind oft mehrere Stunden, bis ich wieder in ein Dorf komme. In unserer Zeit ein Luxus, den viele gar nicht mehr kennen. Tagelang gehe ich nur Einkaufen und verschwinde dann sofort wieder in die Natur. Das, was ich hier lernen kann, habe ich nicht erwartet.
Das geht aber nur, wenn man mit sich allein sein möchte. Dabei lerne ich meine eigenen Grenzen, Bedürfnisse und Sehnsüchte kennen. Gedanken, die ich in dieser Form seit dem Hirnabszess noch kaum hatte. Langsam, aber doch, macht auch mein Gehirn Fortschritte und darüber bin ich froh.
Was die Natur für mich bisher getan hat, ist unbeschreiblich. Seit ich mich auf die Natur immer tiefer einlasse, erlebe ich die Schätze der Natur immer besser und was sie für mich tut. Wäre ich nicht vor fünf Jahren zum Jakobsweg aufgebrochen, hätte ich diese Art der Heilung so nie kennengelernt. Wenn ich daran denke, wie viele Menschen in Einrichtungen verkommen und gar nie die Chance haben, sich erneut so kennenzulernen.
In Portread übernachte ich in einem der seltenen Hostels. Die Besitzerin sperrt mit Ende des Jahres zu und geht in Pension. Ich bin mit einer Familie der einzige Gast, obwohl es ausgebucht war. Alle anderen haben wegen dem Wetter storniert, dadurch habe ich einen Platz bekommen. Viele Hostels liegen meist zu weit abseits vom Weg, um hinzugehen.
Platz wäre in diesen Tagen sicher des Öfteren, weil wegen dem Wetter viele absagen. Da ich aber nie weiß, wie weit ich gehe, kommt Vorreservieren für mich nicht infrage und das Zelt den Vorzug. Da fühle ich mich besser geerdet und bin der Natur noch näher.
Mit der Wirtin unterhalte ich mich lange über Gott und die Welt und sie gibt mir noch einen Tipp, wo ich Seehunde sehen kann. Zum Glück, denn ich wäre daran vorbeigegangen und hätte die Seehunde als Steine am Strand erkannt. Vögel, wie Möwen und Meisen, bringen trotz dem Wetter eine Abwechslung und es ist manches Krafttier darunter.
Unter all dem ist es mein Abenteuer, wieder einfaches zu finden und zu entdecken. Meine Gedanken drehen sich darum, was wieder möglich wird, nicht was ich bisher erreicht habe. Ich erkenne, dass das möglich wird, was ich möglich mache. Zum Beispiel fühle ich, trotz der Anstrengung, öfter keinen Schwindel mehr, wenn ich mich nieder bücke. In erster Linie, weil ich zu mir selbst stehe und das mache, was ich wirklich möchte. Jetzt zu Hause, wo ich das niederschreibe, muss ich wieder aufpassen beim Aufstehen und verspüre wieder mehr Schwindel.
Vor dem Hirnabszess habe ich zu lange Dinge gemacht, die ich nicht wollte und die mir nicht gutgetan haben. Schwindel spüre ich jetzt in Städten stärker, weil es mir nicht guttut. Da ich hier fast ausschließlich in der Natur unterwegs bin, kommt mir das sehr entgegen. Schwindel hat viel mit verdrängten Themen zu tun, die man beiseite schiebt. So arbeite ich mich Schritt für Schritt voran, am Weg, wie auch mit mir.
Am schönsten ist es allerdings, hier derart in der Gegenwart zu leben, Tag für Tag. Anders wäre es für mich nicht möglich, weiterzukommen.
Den Abschluss bis zum Ende in Lands End und Point Lizzard, beschreibe ich dann das nächste Mal, mit einem Resümee, was mich der Weg durch England lehrte.
Zwischen meinem letzten Blog und heute liegen 800 Kilometer, randvoll mit Erlebnissen und Ereignissen. Meine Mission JOGLE wurde dem Namen gerecht, es wurde eine Mission. Mittlerweile liegen1.350 Kilometer hinter mir.
Ich habe Bristol erreicht, nach Wochen voller Regen und etwas Sonnenschein dazwischen. Es waren Hindernisse wie der knappe Strom und tagelang im Zelt unterwegs, weshalb ich lange keine Möglichkeit zum Schreiben fand. Darum erst jetzt eine Zusammenfassung der letzten Wochen.
Der mich schon am West Highländer Weg ereilende Regen sollte mich weiterhin begleiten. Bei Sonnenschein gehe ich aus Glasgow hinaus. Dabei fällt mir ein Logo am Boden auf, dass auf die kommende Rad WM hier hinweist.
Diese Tage sind wie eine Überstellungsetappe, bevor es wieder mit gekennzeichneten Wegen weitergeht. Unterwegs treffe ich auf Simon aus England, der wie ich, den Nord-Süd Weg geht. Er ist einen Tag vor mir gestartet, allerdings auf oft anderer Strecke, deswegen haben wir uns noch nie getroffen. Während er diesmal das Hotel vorzieht, gehe ich noch weiter.
Ich schaue nicht auf Kilometer und schlage mein Lager auf, wenn mir danach ist. Diesmal wird es immer weiter, weil ich keinen geeigneten Lagerplatz finde. Spät erst entdecke ich im Wald einen ebenen Platz.
Am nächsten Morgen wache ich früh auf und gehe los. Es wird ein Weg angezeigt, wo keiner ist. Ich brauche lange, um mich zurechtfinden. Das Ergebnis sind eine Kuhherde, die mir ein mulmiges Gefühl verursacht, hohes Gras, drei Zäune zum Überspringen und durchnässte Füße. Das Abenteuer hat mich viel Zeit und Kraft gekostet.
Im nächsten Dorf frühstücke ich ausgiebig an einem Take Away Imbissladen, die einzige Möglichkeit im Umkreis vieler Kilometer. Aufgrund des regnerischen Wetters entschließe ich mich, den restlichen Tag einem Radweg zu folgen. Über einen Berg komme ich in ein Paralelltal nach Moffart, wo ich ein Bett in einem Hostel bekomme. Trotz Problemen mit meiner Bankomatkarte nimmt mich der Inhaber auf, im Vertrauen, dass ich irgenwie bezahlen werde.
Es wird mein mit Abstand bestes Hostel am Weg, von der Sauberkeit, bis zur Ausstattung und auch der Freundlichkeit des Besitzers. Da auch der darauffolgende Tag regnerisch bleibt, bleibe ich der Straße treu und verzichte auf abseits gelegene Wege, um mich keiner weiteren Expedition mehr auszusetzen.
Ans Zelten habe ich mich eigentlich gewöhnt, aber noch nicht ans Zelten im Regen. Meine gestörte Propriozeption macht es ungemütlich, weil ich mich kaum bewegen kann, ohne nass zu werden. Bei einem einwandigen Zelt darf ich nicht an die Zeltwand stoßen, da sonst das Kondenswasser herunter perlt.
Es ist mir aber nicht möglich, alles unter Kontrolle zu halten. Ich habe damit zu tun, in den Schlafsack zu kommen. Dabei darauf zu achten, nirgends anzustoßen, ist mir unmöglich und so geht es mir mit vielem.
Alles ist dann feucht und nass, meist aufgrund meiner Ungeschicklichkeit. Gerade in Sachen Feinmotorik und Multi-Tasking habe ich noch eine Menge zu lernen. Dieser Weg fordert mich täglich, es gibt kaum eine Verschnaufpause.
In Caleile plane ich meine weitere Route. Ich möchte gerne die Hadriens Wall sehen und das geht einher mit dem Pennine Way, dem ich nachher folgen kann. Dafür verzichte ich auf den Lake District.
Zunächst geht es 35 Kilometer entlang der Hadrians Wall. Auf einer mehrtägigen Wanderung führt dieser Weg von der Westküste an die Ostküste der Insel (oder umgekehrt), immer entlang der Reste dieser alten Steinmauer. Die Mauer diente als Schutz gegen das Eindringen der Schotten nach England, das die Römer damals besetzten. Bestimmt auch eine tolle Wanderung, mit viel Kultur.
Auf diesen ersten Kilometern bekomme ich einen guten Eindruck über die Mauer und biege dann rechts ab, auf den Pennine Way. Diesen Weg in kurzen Worten beschrieben:
Wild, enorme weiten, Hochmoore, Regen, Einsamkeit.
Über mehrere Tage geht es auf schmalen Pfaden, nur unterbrochen von ausgelegten Steinen, über die Hochmoore, Gipfel und lange, gerade Pfade. Extremer Gegenwind erschwert das Vorwärtskommen, oft muss ich mich mit aller Kraft gegen den Wind stemmen. Zum ersten Mal durfte ich erfahren, warum die meisten die Süd-Nord Variante für die England Durchquerung wählten, den LEJOG, denn dabei hat man in der Regel Rückenwind, im Gegensatz zum JOGLE.
Schön langsam zeigen meine Schuhe Auflösungserscheinungen und ein junger Engländer gibt mir den Tipp, online neue zu bestellen und mir die Schuhe in ein Hostel schicken zu lassen. Wenn ich heute noch bestelle, sind sie in vier Tagen im nächsten Hostel am Weg. Zum Glück habe ich das dann nicht gemacht, denn am nächsten Tag am Abend war ich bereits in diesem Hostel.
Für diesen Weg hatte er vier Tage eingeplant. Kein Wunder bei dem Gewicht was die meisten und so auch er, hier tragen. Obwohl er auf einige Leichtsachen umgestiegen ist, hat er noch immer viel zu viel mit. Einen neuen leichten Rucksack hat er sich in dieses Hostel schicken lassen, aber selbst dieser Rest war noch viel zu schwer. Alleine sein Zelt würde die Hälfte des Platzes in meinem Rucksack benötigen. Als er mein Zelt sieht, möchte er es gar nicht glauben, dass es ein Zelt ist.
Mit seinen bisher bis zu 17 kg am Rücken, ist das Gehen in diesem Gelände eben sehr schwierig. Dabei fühlt sich mein Rucksack schon schwer an, der Basis 5 kg und vollbeladen etwa 8 - 9 Kilogramm schwer ist. Im Nachhinein gesagt hatte ich oft zu viel Wasser und Lebensmittel mit, welches natürlich viel vom Gewicht ausmacht.
Die Hochmoore sind interessant, trotzdem reicht es mir nach einigen Tagen, vor allem der Regen macht es nicht gerade leicht. Mein Pennine Way dauert normal um die 18 Tage, ich bin ihn in 8 Tagen gegangen. Einerseits, weil es dauernd regnete und man sich nirgends hinsetzen konnte, andererseits, weil ich von 6 Uhr morgens, bis 20 Uhr abends Zeit hatte zum Gehen.
Und ehrlich gesagt, länger wollte ich auch bei diesem Regen hier nicht unterwegs sein, denn die Bedingungen waren mehr als widrig.
Mit einer kurzen Unterbrechung, wo ich den Weg selber finden musste, kam ich zum Gritstone Way, eine Möglichkeit nach Westen zu gelangen, um zum Offas Dyke Way zu queren. Aufgrund des Regens entschied ich mich allerdings kurzfristig, nach dem Gritstone den direkten Weg nach Süden zu nehmen.
Der Gritstone Way war von Schafen, aber auch immer öfter von Kühen bevölkert. Seit einem Erlebnis in der Jugend, bin ich bei Kühen vorsichtig, ensprechend achtsam ging ich an ihnen vorbei. Der Weg ist wenig begangen und der Pfad oft schwer erkennbar, obwohl er eigentlich gut markiert ist. Den 56 km langen Weg ging ich an einem Tag. Im Internet ist er auf drei Tage ausgelegt.
Eine der wesentlichen Punke meiner Wanderung ist es, dass ich keinen Reiseführer vorher gelesen habe oder mich vorweg über die Gegend wo ich durchkomme, informiert habe. Ich hätte es aufgrund des fehlenden Kurzzeitgedächnisses mir sowieso nicht gemerkt und außerdem wollte ich alles so erleben, wie ich es vorfinde und sehe, ohne Vorbehalte oder Erwartungen.
Ich möchte alles so erleben, Menschen wie Gegend, ohne zu wissen, was auf mich zukommt. So habe ich keine Erwartungen darauf, wie es sein soll und ich kann mich jederzeit auf die Situation leichter einstellen. So schwer es oft für mich war, das fehlende Kurzzeitgedächtnis lässt mich jeden Tag neu beginnen und alles Schwere vom Vortag ist vergessen.
Mein Weg habe ich zwar grob geplant, aber nur um zu sehen, wieviele Kilometer es ungefähr sind. Den genauen Weg entscheide ich immer erst beim Losgehen in der Früh oder ich bin auf einem Fernwanderweg unterwegs, der gut markiert ist. Planen tu ich nur von Tag zu Tag, oder nehme mir die nächste große Stadt als Ziel, ohne zu wissen, was für Wege, Menschen und Landschaft mich unterwegs erwartet.
Auf diese Art bin ich bis jetzt bis Bristol gekommen, nur mehr wenige Tage vor dem Beginn des South West Costal Path in Minehead. Damit sind es noch ca. 500 Kilometer bis nach Lands End. Wobei das nicht mein oberstes Ziel ist, denn das liegt am südlichsten Zipfel, am Weg des SWCP, in Lizard Point. Erst damit habe ich England durchquert.
Nach dem Gritstone Way gehe ich direkt nach Süden. Ohne es vorher gewusst zu haben, gehe ich entlang eines Kanals, der mittels Schleusen die Schiffe über einen Berg führt. Zunächst war ich noch sauer darüber, denn ich erwartete mir, flach entlang am Fluss zu wandern. Dass der Kanal über einen Berg führt, verwirrt mich.
Unterwegs treffe ich den 74-jährigen Pensionisten Philipp, der auf einem der zahlreichen Boote wohnt. Er erzählt mir viel über die Geschichte dieses Kanals und dass England mit über 3.000 Meilen (ca. 5.000 km) dieser Kanäle durchzogen ist. So schippert er seit Jahren durchs Land, mal hierhin, mal dorthin. Er lebt von seiner nicht gerade üppigen Pension, lebt aber als freier Mensch und möchte nicht in einem Altersheim eingesperrt sein, wie er mir erzählt.
Diese Kanäle wurden von Hand gegraben, vor etwa 200 bis 250 Jahren. Waren aller Art konnte so schonend ins Land gebracht werden, ohne zu verschleißen oder zu zerbrechen. Der Transport war am Wasser ruhiger, als auf den damaligen holprigen Strassen. Heute wird er von Hausbooten bevölkert.
An einer Schleuse übernachte ich und kann beobachten, wie die Schiffer sie bedienen, um weiterzukommen. Insgesamt strahlen diese Menschen auf ihren Booten eine Ruhe aus, die auch mich erfasst. Stress gibt es für sie nie und die Bewegungen sind ohne Hektik und Schnelligkeit.
Leider ist dieser Weg nach einigen Tagen zu Ende. Aus dem Kanal wird ein Fluss und die Schiffe darauf größer. Der Weg wird kleiner und ist seltener begangen. Nach 10 Kilometern über Viehweiden, ist plötzlich Ende. Die Markierung führt ins Gestrüpp, umgehen ist nicht möglich, also kämpfe ich mich hindurch.
Für etwa 300 Meter muss ich mir einen Weg suchen, mit den Stöcken schlagend und kriechend, durch hohe Brennessel und dichtes Gestrüpp, bis ich wieder auf eine offene Viehweide komme. Die App zeigte mir einen Weg an. Es ist mir unverständlich, wieso auf diesen paar Metern der offizielle Weg nicht erhalten wird.
Zwei Tage später, meldet der hinter mir gehender Engländer Simon die gleichen Probleme zu haben und versteht nun, was ich meinte.
Dazu verlässt mich unterwegs meine Powerbank, deshalb gerate ich in Stromprobleme beim Handy, dass ich trotz der Markierungen zum Navigieren brauche. So klein und leicht die Powerbank von Nitecore auch ist, es ist nach meinem Walkabout durfte Österreich bereits zweite, die mir unterwegs kaputt wird.
In Takesbury kaufe ich mir eine neue, allerdings nur mit 5000 mA, denn Größe und Gewicht sind entscheidend.
Dem Gewicht ordne ich praktisch alles unter und verzichte dabei sogar auf etwas Komfort beim Schlafen. Aus diesem Grund wählte ich die Thermarest Uberlight, allerdings die kurze Version, mit 119 cm Länge und gerade mal 170 Gramm schwer. Ein absolutes Federgewicht. Gewicht zählt alles, auf meiner Mission JOGLE.
Allerdings sind bereits drei Tage nach meinem Aufbruch in John o'Groats die ersten Zwischenkammern im Innenbereich gebrochen, die mein Kopfkissen überflüssig machten, weil sie so aufgequollen sind. Nach einer weiteren Woche musste ich einmal in der Nacht Luft nach pusten, da sie begann, Luft zu verlieren. Ich habe einen Reparatur-Kit mit, aber es war kein Loch, sondern sie verlor die Luft über das Ventil.
Mit jeder weiteren Woche kam ein zusätzliches Aufpumpen in der Nacht dazu, bis sie praktisch die Luft gar nicht mehr hielt. Der Versuch, ein Ersatzventil zu bekommen, geht schief, denn kein Outdoorgeschäft, wo ich in den nächsten Tagen vorbeikomme, hat eines lagernd. Es bei Thermarest direkt zu bekommen geht auch nicht, denn sie empfehlen nur Geschäfte. Die Lieferzeit ist aber sehr vage angegeben, mit bis zu 10 Tagen, daher fälltl auch das aus, denn wohin sollte ich es denn schicken lassen.
Tagelang quäle ich mich damit ab, in der Nacht bis zu 10 x nachzupumpen, was natürlich auf Kosten des Schlafes geht. Erst in Bristol finde ich einen billigen Matratzen-Ersatz, denn die Uberlight kostet hier in England 220,- Pfund, was bei meinem Budget nicht drinnen ist.
Ich finde eine 350 Gramm schwere, mit einem nicht so guten R-Wert von 1,7. Damit muss ich mich zufriedengeben, zumindest ist sie recht kompakt zu verpacken, was bei meinem kleinen Rucksack eine große Rolle spielt.
Nach vielen Tagen im Inneren des Landes, komme ich wieder ans Meer, bzw. an einen, weit ins Land hineinreichenden Meeresarm. Grüne Wiesen und flaches Gelände erwarten mich. Trotzdem ist jeder Meter weiterhin nicht leicht, denn die letzten Tage machten mich müde und damit funktioniert meine Propriozeption nicht mehr so gut.
Besonders die schmalen Wege sind eine Herausforderung und machen das Gehen schwer. 90% meiner Mission JOGLE sind auf solchen Wegen bisher.
Das Gehen wird immer schwieriger, aber mein Zwischenziel Bristol ist nicht mehr weit. Dort möchte ich gerne einen, wenn nicht zwei Ruhetage einlegen.
Zur Abwechslung gibt es immer mehr Rinder auf den Weiden, an denen ich mit Vorsicht vorbeigehe. Einmal steht eine ganze Herde direkt vor dem Gatter, wo ich durch muss. Es sind Jung-Rinder und ich weiß nicht, wer mehr Angst voreinander hat, ich oder sie.
Zuerst warte ich noch in gebührlicher Entfernung, aber irgendwann gehe ich los, mit sicherem Schritt, dem Gatter entgegen und mitten durch die Herde durch. Sie sind unruhig, aber ich komme ohne Probleme durch. Ein andermal schreckt die ganze Herde auf und läuft mir entgegen. Ich gehe nicht weiter, sondern drehe um und gehe schnell zurück, zu aufgedreht scheint mir die Herde zu sein. Ich habe nicht weit zurück zur Straße und umgehe diesen Abschnitt auf einem Umweg.
Zwei tolle Schlafplätze lasse ich links liegen und spaziere noch weiter in Richtung Bristol, dass ich aber an diesem Tag nicht mehr erreichen werde. Vom Meeresarm weg, gibt es praktisch nur mehr eingezäunte Felder und Weiden, was das Finden eines Schlafplatzes erschwert.
Ich gehe, gehe und gehe, aber es findet sich nichts. Es ist schon neun Uhr Abends, da springe ich über einen Zaun und hinter einer nicht einsehbaren Hecke schlage ich mein Lager auf. Da meine Luftmatratze kaum mehr Luft hält, wird es sowieso nur eine kurze Nacht werden, da ich fast nichts mehr zwischen mir und dem kühlen Boden habe.
Es ist noch früh, als ich in Bristol eintreffe. Langsam schlendere ich Richtung Innenstadt. Auf dem Weg dorthin komme ich bei einem Outdoorladen vorbei, wo ich wegen des Ventil angefragt hatte. Ich sichte die Matten, aber es gibt keine unter hundert Pfund. Das liegt weit über meinem Budget.
Nur hundert Meter weiter ist ein anderes Geschäft und die haben eine Eigenmarke, mit gerade einmal 350 Gramm, allerdings schlechtem R-Wert. Die bisher beste Möglichkeit, aber schlechter als meine Uberlight, mit 170 Gramm und 2,3 R-Wert. Ob sie sich bewährt, werden die nächsten Tage zeigen.
Bristol ist eine coole Stadt, toll angelegt und mit zahlreichen Cafes und Restaurants. Dazu existiert eine tolle Kunstszene und ich fühle mich gleich wohl hier. Bei einem Punk-Friseur lasse ich mir die Haare schneiden und den Bart rasieren. In einem tollen Gespräch erzähle ich ihm über meinen Weg und die Krankheit und er gibt mir wertvolle Tipps für Bristol. Dazu motiviert er mich meine Vespa-Doku fertigzumachen, denn viele seiner Punk-Freunde sind in der Vespa-Szene und er meint, es wäre ein toller Schritt für mich, mich darüberzutrauen.
So erlebe ich Bristol von seiner schönen Seite und genieße zwei Tage Auszeit vom Gehen. Danach wartet der South West Costal Path (SWCP) auf mich, der mich nach Lands End und dem südlichsten Punkt Englands bringen wird.
Die Mission JOGLE bringt mir "Never give up!" nochmals näher.
Ja, meine neue Bezeichnung heißt "Mission JOGLE". Gegeben wurde er mir unterwegs von einem Wanderer, mit dem ich mich einige Zeit unterhalten habe.
JOGLE steht als Abkürzung für John o´Groats to Lands End, also der Durchquerung Englands von Nord nach Süd. Im Gegensatz dazu steht LEJOG, für vom Süden nach Norden.
Leider konnte ich im Moment nur ein paar Bilder retten,weil das Handy kaputt wurde. Ich reiche sie nach,wenn ich wieder rankomme.
Der Tag beginnt früh in Inverness. Zunächst steht der Great Glen Way am Programm. Es geht einen Kanal entlang, unterbrochen von Seen, die die Ost mit der Westseite Schottlands verbindet. Kleinere Schiffe können hier queren und es war sicher ein imposantes Schauspiel, als er um 1830 gebaut wurde.
Von flach kann erst keine Rede sein, immer geht es über Hügel rauf und runter. Dazwischen aber immer wieder flache Abschnitte entlang des Kanals.
Schönes Wetter begleitet mich und macht das Gehen zum Vergnügen. Allerdings bin ich mit meinen Schuhen nicht ganz glücklich. Die Altras sind super Schuhe, aber nicht wirklich für mich. Ich habe Blasen, in erster Linie wegen einer gebrochenenen Einlage und die Dämpfung hat mittlerweile stark nachgelassen, was meinen Nervenstörungen nicht zusagt.
Am ersten Tag komme ich am Loch Ness an, dessen dunkles Wasser mich empfängt. Jetzt stehe ich also hier an diesem Ort, wo es das Ungeheuer von Loch Ness geben soll. Der Ort Drumnadrochit gleicht aber eher einem Disneyland, so viel ist hier los. Aber nur hier, denn Abseits am Trail bin ich fast den ganzen Tag alleine.
Der nächste Tag ist wieder voller Waldenergie, nur unterbrochen von kurzen Regenschauern. Nach dem Loch Ness kann ich erstmals die Schleusen sehen, welche die Schiffe höherbringen und später wieder runter. Der Kanal führt ja von Meeres- zu Meeresseite.
Der zweite Tag wird sehr lange, denn Forst- und Bauarbeiten machen einen langen Umweg nötig, ohne das ich es vorger wusste. Auf den steilen Anstiegen verliere ich viel Zeit und komme erst spät zum Zeltplatz, der aus forstlichen Gründen noch um eineinhalb Meilen nach hinten verlegt wurde. Erst um 10 Uhr Abends komme ich an, dafür zelte ich am Seestrand und bin alleine.
Der letzte Tag wird regnerisch, allerdings immer wieder von der Sonne unterbrochen. Wieder einmal später als gedacht, komme ich in Fort Williams an. Ich bekomme etwas außerhalb ein Bett in einem Hostel, aber nur für diese Nacht, sonst ist alles ausgebucht. Das heißt, ich werde ohne Ruhetag in den West Highlander Weg starten müssen.
Um sechs Uhr in der Früh geht es bei Regen los, auf den West Highlander Way. Steil geht es hoch, auf schmalem Trail. Ich wohnte abseits, daher muss ich erst auf den Trail kommen. Ein Nachteil im Regen ist es, kaum Pausen machen zu können, da ich dann im Regen stehe. Hinsetzen ist auch fast nie drin, weil dafür alles zu nass ist, auch unter Bäumen.
Allerdings wie früher beim Radfahren, habe ich mich daran gewöhnt, während des Gehen zu essen. Schon in der Früh richte ich mir alles griffbereit her, eingeschlichtet in die zahlreichen Taschen auf der Vorderseite des Rucksacks.
Der Weg wird immer anstrengender und lässt mich nur langsam vorankommen. Ich gehe über unangenehm große Steine und ich muss immerfort aufpassen, nicht umzukippen. Mein Ziel ist es, die ersten beiden großen Berge zu überwinden und dann zu gehen, soweit ich komme. Um fünf Uhr erreiche ich Kingshouse, eigentlich ein Nobelhotel, wo es aber eine Stube für die Wanderer gibt. Nach einem Kaffee mit Muffin gehe ich noch zwei Stunden im strömenden Regen und schlage mein Zelt zwischen Bäumen auf.
Es regnet so stark, dass ich hoffe, halbwegs trocken zu bleiben. Am nächsten Morgen richte ich alles her, springe aus dem Zelt, baue es ab und spurte los. Die hiesigen Mücken, Midges genannt, fallen sofort über mich her und da bleibt nur die Flucht. Alle nicht geschützten Hautstellen werden befallen und die Viecher beißen zu. Echt unangenehm.
Sie können allerdings nicht schnell fliegen, deshalb ist man geschützt, solange man geht. Bleibt man stehen, ist man sofort umzingelt. Deswegen bleibe ich tagsüber kaum stehen und esse im Gehen.
Das Gehen über die Steine war für mich gestern am Limit und heute wird es nicht besser. Jeder Schritt ist eine Qual. Mein Gehirn ist übermüdet von der dauernden Anstrengung, alles auszugleichen und andenken zu müssen. Ab der zweiten Tageshälfte ist es ein dahinwanken, weil das Gehirn nicht mehr mitkommt.
Den Tag beende ich am Eingang zum Loch Lomond, weiter schaffe ich es nicht. Auf einer Bergkuppe zelte ich über dem See und es lässt sich sogar die Sonne erblicken. Ich schlafe zehn Stunden und komme am Morgen erst gegen Acht los. Es wird ein Tag, den ich nicht so schnell vergesse.
Der Trail ist schmal und wird immer blockiger, mit großen Steinen. Für zwei Kilometer brauche ich über eine Stunde, so wild geht es neben dem See voran. So etwas habe ich selten erlebt. Ich brauche die Hände, um vorwärts zu kommen. Es ist manchmal wie klettern und es ist mir unbegreiflich, wie hier manche mit ihren doppelt so großen und schweren Rucksäcken vorankommen können.
Einige hundert Meter nach dem Abschnitt treffe ich auf zwei englische Herren. Einen Fotoapparat umgehängt, kurzes Leibchen und kurze Hose, sehen sie aus, als ob sie aus einem Pub vom Tee trinken gekommen sind. So stelle ich mir typische Engländer vor.
Sie fragen mich nach dem Weg. Ich antworte: "Da kommt jetzt ein wirklich rauhes Stück, etwa ein, zwei Meilen lang.". Als Antwort bekomme ich: "Puuhhh, ja, bei uns waren die letzten zwei bis drei Meilen auch wirlich tricky (Schwierig). Wie weit ist es bis ans Ende des Sees?". Für sie ist es bis dahin noch mehr als 10 Kilometer, gar nicht so einfacher Trail, aber das schreckte sie gar nicht. Wir verabschiedeten uns und gingen jeder seine Wege.
Ich erwartete hinter jeder Biegung, dass es wieder los geht, mit den Schwierigkeiten, aber es kam nichts. Nach 5 Kilometern über gute Trails, erreichte ich eine Schiffsanlegestelle, wo man sich aussetzen lassen konnte, um einen kleinen Teil des Weges zurückzulegen. Ob, wie und wann die beiden am Ende ankamen, blieb mir verwehrt zu erfahren, aber sie hatten es sicher nicht leicht, wenn schon der erste Teil für sie anstrengend war.
Es kamen noch einige schwierige Abschnitte und nach 35 Kilometern, am Ende des Sees, schlug ich das Lager an einem dort befindlichen Campingplatz auf. Nach zwei Tagen im Regen, konnte eine Dusche nur gut tun. Es war leider 10 Kilometer unter meinem Soll, denn so hatte ich am nächsten Tag noch fast 50 Kilometer bis Glasgow.
Wieder schlief ich lange und kam erst um acht Uhr weg. Nach dem üblichen Midges-Problem beim Abbau des Zeltes, ging ich bei Sonnenschein los, um bald darauf wieder meinen Poncho überzuziehen. Dieses Prozedere sollte sich sicher zwanzig- bis dreissigmal an diesem Tag wiederholen. Sonnenschein wechselte sich andauernd mit Regenschauern ab, die teils heftig waren.
In einem wunderschönen Hotel mit Restaurant bekomme ich ausnahmsweise eine Kanne Kaffee, mit den Hausgästen. Das war ein Highlight diesen Morgen. Verschwitzt von drei Tagen im Zelt, saß ich neben sauberst gekampelten Wanderern, mit ihrem frischen Gewand.
Ich war mit ein, zwei anderen vom Norden kommend unterwegs, der Haupteil startet in Milngavie Richtung Norden. Dementsprechend viel Gegenverkehr hatte ich, was oft nicht einfach war, wegen der schmalen Trails. Immer wieder musste ich stehenbleiben und den Gegenverkehr abwarten.
Ziemlich gerade, bergauf, bergab, ging es dahin in Richtung Milngavie und dann passierte es, kurz vor dem Ende des West Highland Way. Ein graviereder Fehler, müde und schon etwas unachtsam, fingerte ich das Handy heraus. Dabei entglitt es mir und fiel mit der Displayseite voran auf den steinigen Boden. Das Malheur war passiert. Das Display hatte an mehreren Stellen Sprünge und funktionierte nicht mehr. In einem kurzen Moment konnte ich noch zwei Fotos auf gut Glück vorm Steinbild am Ende in Milngavie machen, aber danach ging nichts mehr.
Mit unzähligen Umwegen und immer wieder der Versuch, nach dem Weg zu fragen, kämpfte ich mich nach Glasgow, ohne die Unterstützung des Handys. Der Weg ist nicht markiert und deswegen schwer anzufinden.
Am Limit erreiche ich das Hostel und war zunächst einmal gerettet. Allerdings nur zunächst, denn noch stand mir das Wäsche waschen bevor. Im Hostel gab es keine Waschmaschiene, aber gleich daneben, an der Tankstelle. Leider war diese kaputt und man schickte mich 15 min Wegzeit zur nächsten. Die machte aber gleich zu, erbarmte sich aber meiner und zu meinem großen Glück, konnte ich zumindest die Wäsche waschen, aber nicht trocknen. Also wieder zurück zur Tankstelle, wo zumindest der Trockner funktionierte. So konnte ich endlich wieder einmal trockene Wäsche anziehen.
Unterwegs war ich nur mit einer kurzen Laufhose, dem Anorak und nassen Schuhen. Alles andere musste in die Wäsche. Noch am Abend kaufe ich ein neues Handy, um weitergehen zu können. Allerdings überschreite ich mein Geldlimit und neue Schuhe müssen damit warten.
Die Landschaft ist wunderschön. Selten habe ich mich so wohl gefühlt. Durch das viele Zelten, bin ich der Natur noch mehr ausgesetzt, was mir unheimlich gut tut.
Auf der anderen Seite kostet es viel Energie, mit Zelt und selbst zu kochen, unterwegs zu sein. Da ist Pilgern natürlich leichter. Es tut aber gut,einmal aus meinen Routinen herausgerissen zu werden und mein Gehirn zu fordern.
Dieser Abschnitt bleibt mir in Erinnerung, weil ich schon lange nicht mehr so an meine Grenzen gegangen bin, aber nur die bringen mich weiter. Auf meinem letzten Jakobsweg habe ich zum ersten Mal wieder gelebt, hier hat der Weg mehr therapeutische Wirkung.
Es ist faszinierend zu sehen, wie sich mein Körper weiter entwickelt. Dazu habe ich hier tolle Möglichkeiten. Es ist besser, als wie jede Reha-Anstalt.
Ich bin auf (in) meiner Mission JOGLE!
Wichtig ist es mir, die Sache dahinter zu sehen. Manchmal möchte ich mehr, als ich kann oder draufhabe und dann wird es schwierig. Wie im Moment mit einer schlimmen Blase am Fuß, nach 6 Tagen bei "Across Britain". Daher höre ich darauf, was mir die Blase zu sagen hat.
Ich lege einen weiteren Ruhetag ein, um das Erlebte besser verarbeiten zu können und meine schmerzende Blase am linken Fuß ausheilen zu können. Darauf sollte ich hören, denn eine entzündete Blase kann schnell das endgültige Aus bedeuten.
Kilian Jornet, Trailrunner und Alpinist, hat recht damit, wenn er sagt, man solle nicht an Rennen und Ergebnisse denken, sondern an den Prozess und die Suche nach Fortschritten.
Der Focus soll darauf gerichtet sein, Fortschritte zu erzielen. Übersetzt auf mich heißt das, nicht die Fernwanderung ist das Ziel, sondern vielmehr, welche Fortschritte ich mit meinen Handicaps insgesamt erzielen kann. Ein Camino Frances oder Across Britain kann ein gutes (Zwischen-)Ziel sein, um konzentriert zu bleiben. Allerdings mein wahres Ziel bleibt, Fortschritte in körperlicher, wie geistiger Weise nach dem Hirnabszess zu erzielen.
Wäre die erfolgreiche Durchquerung von England mein Ziel, könnte ich mich danach hinsetzen und damit aufhören, weiter zu suchen. Suchen nach meinem persönlichen Fortschritt, wo es allerdings kein Ende gibt. Kein Gipfel, kein Jakobsweg, keine Fernwanderung, kann diesen persönlichen Fortschritt ersetzen, denn der liegt in mir selbst.
Allein, daß ich mich dem Ausgesetzt habe, nach Schottland zu reisen, ist für mich als Erfolg zu verbuchen, alles weitere ist eine Draufgabe. Möchte ich Abbrechen, ist es auch gut, denn dahinter steht ein Ziel, welches viel größer ist, als "nur" durch England zu gehen.
Letztens habe ich auf Facebook gepostet:
"Was du für den Gipfel hältst, ist nur eine Stufe"
Seneca
Across Britain ist nur das Erreichen eines Zwischenzieles, also einer Stufe, denn das wahre Ziel liegt wie immer, weit dahinter.
Ich möchte als Mensch reifen und dazulernen, dass Maximum, was für mich möglich ist. Jedes Jahr wende ich diverse Zeit für (Fern-)Wanderungen und Jakobswege auf, im Gegensatz dazu trainiere und übe ich aber jeden einzelnen Tag auch zuhause.
Mein Focus liegt auf jeden dieser einzelnen Tage und letztendlich vertraue ich darauf, dass alles am Schluss zu guten Ergebnissen führt, ob auf Fernwanderung oder zu Hause. Früher waren es bei mir, Erfolge und Siege bei Radrennen zu haben. Das sollte aber nebenbei passieren. Heute sind Fernwanderungen und Jakobswege um konzentriert zu bleiben, mein Hauptziel ist es, wieder rein ins Leben zu kommen.
Meinen größten Sieg aber durfte ich bereits erleben, der mehr als jeder Sieg bei Radrennen zählt, nämlich den Hirnabszess zu überleben. Dieses neu gewonnene Leben (er-)leben zu dürfen und mit besonderen Inhalten füllen zu dürfen, ist so schön und damit bekommt auch Behinderung eine neue Bedeutung.
Manchmal vergesse ich allerdings darauf, werde aber schnell eines besseren belehrt. Meist mit Dingen, die nicht so lustig sind. Demut ist dann gefragt und nicht, mit dem Kopf durch die Wand, denn das erzeugt Schmerz!
Das Abenteuer "Across Britain" oder der in Großbritannien benannte JOGLE, hat begonnen. Zwei bis dreitausend Kilometer warten auf mich, je nachdem wie ich gehe. Im Hinterkopf geistert in mir herum, dass ich wieder alle vier Kardinalpunkte erreichen möchte, also die vier entferntesten Punkte aller Himmelsrichtungen.
Dazu müsste ich nach der Durchquerung noch weiter nach Brighton und hoch nach Lowestoft, dem östlichsten Punkt. Die reine Nord-Süd-Durchquerung wären etwa 2.000 km oder bis zum Ende des SWCP 2.500 km.
Für mich beginnt der Trip "Across Britain" in Thurso, der nördlichsten Stadt von England/Schottland. Von hier gehe ich zu Fuß zum nördlichsten Punkt nach Dunnet Head und weitere 30 km nach John o'Groats, dem offiziellem Startpunkt für die Durchquerung Großbritanniens.
Wetterglück empfängt mich, das heißt, blauer Himmel und Temperaturen tagsüber von 25 Grad. Die Nächte sind manchmal trotzdem kalt und vor allem sehr feucht. Ein guter Zeltplatz ist wichtig, sonst verliert man viel Zeit am nächsten Tag, mit Zelt trocknen.
Die Einheimischen leiden unter dieser "Hitzewelle", normalerweise hat es hier 17 Grad und viel Regen. Schon den ersten Tag verbringe ich praktisch nur in der Natur und im Grünen, gehe allerdings viel auf der Straße. Deshalb wird wahrscheinlich John o'Groats als Startpunkt angegeben.
Die Farben hier tun meiner Seele gut und ich kann nicht genug vom Grün bekommen. Ich entschließe mich dem John o'Groats Coast Trail zu folgen und nicht durch die Highlands zu gehen. Dort sind oft mehrere Tage zwischen den Ortschaften und für das Tragen von soviel Essen und Wasser ist mein Körper noch nicht so weit, dass musste ich erkennen. Diese zwei bis drei Kilo mehr machen bei meiner Muskelschwäche viel aus. Obwohl ich seit Jahren daran trainiere und übe, meine Muskelkraft und mein Bindegewebe hat sich nur minimal verbessert.
Tiefes Gras lässt mich meine Füße nicht sehen und so stolpere ich auf den engen Pfaden dahin. Hätte ich nicht so viele Kilometer in den letzten Jahren zurückgelegt, wäre es hier bereits aus gewesen. Jeden Tag ist eine Konzentration aufzubringen, die mich an die geistige Grenze bringt.
Ich brauche für jeden Schritt das Gehirn und dazu kommt, dass der Weg oft sehr schmal ist und immer außerhalb von Mauern entlang der Grundstücke führt, wo aber gleich die Abgründe ans Meer beginnen.
Oft geht es steil hoch oder runter zum Meer, dass ich manchmal sogar die Hände benötige. Bis Inverness bin ich acht Tage unterwegs und schlafe immer im Zelt. Hotels sind zu teuer und billige Herbergen kommen erst später. Bei Regen zu Zelten wird sicher eine Herausforderung, besonders wenn es einige Tage durch regnet.
In Inverness bin ich jetzt am achten Tag angelangt und mache eine Zwangspause, denn nach sechs Tagen bildete sich eine große Blase. Die letzten Kilometer humpele ich in den Ort, denn diese Blase hat mein System derart gestört, dass das Gehen zur Herausforderung geworden ist. Meine Propriozeption ist überlagert vom Schmerz und funktioniert gar nicht.
Dabei bin ich über vorsichtig mit den Füßen, aber diesmal hat keine Vorsichtsmaßnahme geholfen. Ein Fehler war sicher die Verwendung neuer Schuhe. Meine Hoka habe ich diesmal gegen Altra getauscht, was ich bitter bereue. Das Eingehen zu Hause hat nichts geholfen, aber auf die Schnelle habe ich keinen neuen Hoka daheim bekommen. Vielleicht bekomme ich in Inverness einen neuen, denn so kann ich nicht weitermachen.
Der Kocher, den ich mithabe, tut mir zwar gut, bringt mich aber über mein Gewichtslimit. Besser wäre es gewesen, ich hätte mich von Anfang an auf kalte Küche einstellen sollen und warmes nur gegessen, wenn ich unterwegs etwas finde. Bisher war es mir immer zu schade den Kocher und Titantopf wegzugeben, also nutze ich ihn eben doch. Der Geldbeutel freut sich dafür, der Körper und Krafthaushalt weniger.
Leider konnte ich mich noch immer nicht an die fummelig Arbeit mit dem Kochen gewöhnen. Einmal war das Wasser heiß und ich stieß den Topf um, dass sich das Wasser auf mir und dem daneben liegenden Rucksack ergoss. Wäre weiter nicht tragisch gewesen, wenn ich nicht mit dem Wasserhaushalt aufpassen müsste und am nächsten Tag nicht noch über drei Stunden ins nächste Dorf gehabt hätte.
Es blieben mir am nächsten Tag nur 500 mml zum Trinken, bei Hitze und Schwerstarbeit die steilen Hügel hoch und runter. Trotzdem werde ich den Kocher behalten, denn ihn wegzugeben ist zu schade und es kommen noch einsame Gegenden, wo ich ihn brauchen werde.
Bisher hatte ich nur wenige Begegnungen. An einem einsam gelegenen Haus am Weg sprach mich der Besitzer an und es entwickelte sich ein tolles Gespräch.
In Berriedale traf ich den jungen Einheimischen James, der seit einem Jahr im Haus seiner Großeltern lebt, der Programmierer ist und deswegen ortsunabhängig arbeiten kann. Auch hier entwickelte sich ein interessantes Gespräch, welches mir mehr über Land und Leute erklärt. Es ist sicher nicht einfach für junge Leute, hierher zurückzukommen. Danke nochmals für das Gespräch James, solltest es du lesen. 🙏
Weiters möchte ich noch David mit seiner Frau Julie erwähnen, die auch schon lange unterwegs sind und mir unterwegs entgegengenommen sind. Sie machen diesen Weg gemeinsam. Leider habe ich vergessen ein Foto zu machen, deshalb verlinke ich auf Ihren Facebook Kanal, wo sie über Ihren Weg berichten. 👍
Überhaupt fühle ich mich sehr wohl in Schottland und fühle mich fast heimisch. Die Menschen sind sehr freundlich und jederzeit hilfsbereit.
Dass es schwer werden würde, wusste ich. Allerdings, so schwer habe ich es mir nicht vorgestellt. Ich komme öfter ans Limit, körperlich wie geistig. Den ersten Abschnitt habe ich jetzt hinter mir, mit den bereits angesprochenen Wehwehchen.
Aber es ist auch gut, herausgefordert zu werden, denn nur so komme ich weiter. Es ist jedenfalls eine neue Art des Gehens, als wie am Jakobsweg. Das Gehirn ist mehr angestrengt und ich lerne, mit den verschiedensten Verhältnissen klarzukommen und auch Lösungen zu finden.
Und wie sagt man auch:
"Was mich nicht umbringt, macht mich nur stärker!“
Soweit möchte ich aber nicht gehen, ständig meine Grenze auszuloten, denn eines ist mir klar, dieser Weg "Across Britain" kann sehr schnell zu Ende sein und ich möchte mich ja verbessern!
Der Camino Portugiese, den ich bereits im März absolvierte, hat eine Menge Herausforderungen für mich bereitgehalten, besonders auch danach. In Porto beginnt ja der "schöne" Camino Portugiese, zumindest der leichter begehbare, wo ich mehr genießen konnte.
Nach dem immensen Energie Aufwand von Lissabon bis Porto, wollte ich es ab hier ruhiger angehen. Dafür passte es, dass mein Freund Alexander Rüdiger dazu kommt, der extra für den Camino Portugiese nach Porto kam, um mich hier zu treffen und mit mir die restlichen, knapp dreihundert Kilometer, zu gehen. Bisher waren wir beide zusammen auf allen möglichen österreichischen Jakobswegen unterwegs, diesmal, zum ersten Mal, auf der Iberischen Halbinsel.
Für mich auch ein Novum, denn alle großen Caminos in Spanien, habe ich bisher alleine bestritten, nun erstmals mit Begleitung. Wir wählen den Küstenweg, meist am Meer entlang führend, mit wundervoller Landschaft. Und so schön dieser Weg auch werden sollte, so ereilte mich unterwegs etwas, das ich gGefühlsmäßig kaum verarbeiten könnte. Aber dazu später.
Porto war nach den vielen Tagen alleine ein bisschen viel für mich. Am frühen Morgen ging ich hinunter zum Meer, wo ich mich mit Alexander treffen wollte. Ich war praktisch alleine unter der bekannten Brücke von Porto, bestellte mir einen Kaffee und wartete.
Bald kam er daher und wir gingen gleich los, fort vom inzwischen beginnenden Trubel. Es ging immer entlang des Meeres, manchmal unterbrochen von Holzstegen, die Kilometerlang die Sanddünen säumten. Immer wieder tauchten Dörfer auf, die man durchquerte, um gleich darauf wieder am Grün gesäumten Meeresrand einzutauchen.
Das Wetter beinhaltete von allem etwas. Sonne wechselte mit Regen und einem stetig wehenden Wind ab. Vom kurzen Leiberl, bis zur Fleecejacke und Regenponcho kam alles zum Einsatz, ebenso die Temperaturen, die ein oftmaliges Umziehen erforderte.
Malerische Landschaften mit Meer zeigten mir einen neuen Jakobsweg und eine neue Landschaft. Dieses "neue" tut meinem Gehirn gut, wird aber immer wieder auch zur Herausforderung.
Seit Herbst des Vorjahres habe ich eine neue Wahrnehmung, die jede Anstrengung der letzten Jahre wert war. Es ist die Bestätigung dafür, drangebleiben zu sein und nie aufgegeben zu haben.
Im Gruppentraining beim therapeutischen Tanzen lerne ich, wieder mit Menschen oder Dingen in Beziehung zu kommen. Dieses Wissen hilft mir auch am Jakobsweg, Schritt für Schritt, diese für mich neue Welt zu erkunden.
Da bin ich besonders meinen litauischen, französischen Pilgerfreunden und Alexander dankbar, wo ich viel dazulernen konnte. Das alles lässt mich wieder einen Schritt mehr ins Leben treten.
Fünf Tage vor Schluss ereilt mich die Nachricht vom Tod meiner Tante. Sie stand mir sehr nahe, war meine Taufpatin und hat mir in den ersten Jahren nach dem Hirnabszess sehr geholfen.
Deshalb war es mir unmöglich, die letzten Wochen weiter am Camino-Bericht zu Schreiben. Mein Herz und Gehirn waren zu sehr damit beschäftigt, es zu verstehen, aufnehmen zu können und die Trauer zu verarbeiten. Trotzdem möchte ich ein bisschen darüber erzählen, über Dinge, die mir noch am Weg passiert sind.
Wir waren gerade am Meer unterwegs, da hatte ich das Bedürfnis, eine in Lissabon gefundene und zum Andenken mitgenommene, portugisische Scherbe am Weg, vielleicht an einem Kilometerstein, abzulegen. Als ich um eine Ecke biege, steht er plötzlich vor mir, ein mit zahlreichen bunt bemalten Steinen umgebener Kilometerstein. Da wußte ich sofort, hier wollte ich ihn ablegen.
Auf den letzten Schritten hin, stolpere ich noch fast über eine vom Winde verwehte Blüte, die ich aufheben und zur Scherbe dazulegte. Es ist für mich stimmig und passte.
Dann nur ein paar Stunden später, bekam ich die Nachricht vom Tod meiner Tante. Mein Ablegezeitpunkt der Scherbe, war um den Zeitpunkt ihres Todes. Ich erinnerte mich noch daran, dass Sie oft in Portugal auf Urlaub war und eine besondere Beziehung zu diesem Land hatte. So bekam diese Scherbenniederlegung eine besondere Bedeutung für mich.
Meine Tante war es auch, die mir die letzten Vorbehalte vor meiner Reise zum Camino nahm und mir nachdrücklich sagte: "Mach es, mach es!"
Für mich hieß es allerdings aufpassen, mir nicht zuviele Fragen wegen ihrem Tod zu stellen, denn da behindert mich noch immer das Nicht-Weiterdenken können. Ich durfte nur ja nicht in Gedankenschleifen verfallen, denn das konnte meinen Körper komplett durcheinander werfen.
Mir kam das eine oder andere Erlebnis mit Ihr in Erinnerung und immer öfter kam die Frage auf, ob es ihr jetzt gut geht? Vielleicht könnte sie mir ein Zeichen geben, so wie mir immer wieder die Krafttiere erscheinen, um mir etwas mitzuteilen.
Am nächsten Tag ging ich mit Alexander einige Höhenmeter über dem Meer, auf das wir immer wieder hinunterschauten. Es war regnerisch und zwischendurch schien die Sonne. Auf einmal sehe ich eine große Brücke unter mir, mit einem großen Regenbogen über sich, wie ich ihn in einer solchen Pracht noch nie gesehen habe. Die Bilder können es nur Ansatzweise zeigen, wie es wirklich war. Es ist, als ob meine Tante damit herunterschaut, um mir zu sagen, dass alles OK ist.
Es sind komische weitere Tage, wo ich die Trauer im Gehen verarbeite. Die Gespräche mit Alexander bringen mich immer wieder auf andere Gedanken. Mit Begegnungen am Weg tue ich mich noch schwer, versuche aber mich darin zu üben, um dem Leben mehr Chancen zu geben. Trotzdem verbringe ich immer wieder viele Kilometer alleine, um meine Gedankengänge verarbeiten zu können.
Da ich mich seit dem Hirnabszess in einem ständigen Lernprozess befinde, speziell um auch wieder mit Gefühlen umgehen zu können, war es diesmal eine besondere Herausforderung, mit dem Gefühl der Trauer umgehen zu können. Bis heute kann ich in Bezug auf die Trauer noch nicht weinen, was so viel erleichtern würde.
Der Weg nach Santiago war noch nie so wie diesmal. Ich genoss die Strecke und kurz vor Santiago eröffnet sich ein schöner Blick auf die Kathedrale. Den Einzug auf dem Platz vor der Kathedrale war ich nachdenklich und still und ich zog mich an den Rand zurück, wo ich mich hinsetzte.
Einige Pilgerfreunde waren anwesend und man freute sich gemeinsam über das erreichen des Zieles. Alex und ich holten uns die Compostela und verabredeten uns mit anderen Pilgern für den Abend zum Essen und anschließend für den Gottesdienst in der Kathedrale.
Es war das erste Mal, dass ich daran teilnehmen wollte. Die Jahre zuvor war es mir nicht möglich und diesmal nur Aufgrund der Gruppe. Den schwingenden Weihrauch Kessel erlebte ich bisher noch nie live, aber durch meine Verbesserte Wahrnehmung wollte ich es unbedingt versuchen. Es wurde ein Erlebnis, nach so vielen Caminos zum ersten Mal den Botafumo zu sehen.
Der Camino Portugiese war zusammen mit dem Camino Frances ein weiterer Meilenstein in meiner Rehabilitation. Im großen und ganzen ging ich erstmals diese zwei Monate in einer neuen Wahrnehmung.
Das ist für mich umso bemerkenswerter, da ich dieses Mal nicht auf Verbesserung fokussiert war. Dafür war ich noch mehr auf die kleinen Dinge aus, die mir den Tag verschönern. Das waren Schmetterlinge und Insekten am Weg, aber auch Pflanzen und Blumen oder sonstige Wegbegebenheiten und Ausblicke.
Ich genoss diese bessere Wahrnehmung und am meisten freute mich, dass der Schwindel viel seltener auftrat. Jahrelang ging es nur in kleinsten Schritten vorwärts und das Ergebnis freute mich, immer drangebleiben zu sein und motiviert mich, auch weiterhin Dranzubleiben.
Allerdings bin ich mit dem Tod meiner Tante an Grenzen gestoßen, die den Fortschritt relativieren. Vorsichtig zu sein, wird auch in Zukunft wichtig sein und meinen Zustand gut zu spüren und wie weit ich gehen kann. Denn mein Limit kann unverhofft schneller da sein, als ich oft glaube.
Überschreite ich dieses Limit, setze ich alles aufs Spiel und brauche danach lange, um wieder dorthin zu kommen, wo ich war. Daher bleibt es oft noch immer eine Gratwanderung, wie ich vor wenigen Wochen erfahren durfte.
Auf den Erfahrungen dieser zwei Monate kann ich aber aufbauen und trotz mancher Rückschläge, geht es vorwärts. "Gehen als Medizin", habe ich noch nie so intensiv gespürt, wie diesmal.
Also bleibe ich dem Gehen treu, denn es bildet die Basis für meine Genesung.
Ultreia
Die Extrameile einlegen, mache ich seit dem Hirnabszess immer wieder. Diesmal sollte der Camino Portugiese diese Extrameile werden. Egal was ich seit dem Hirnabszess machte, ich tat einfach ein bisschen mehr. Ich reize immer wieder mein Limit aus, denn nur so kann ich es immer weiter hinausschieben.
Anfangs war es nicht schwer war, ans körperliche Limit zu gelangen, denn das lag bei 15 min. am Tag auf der Intensivstation und später bei 30 min. auf der Reha-Station. Es brauchte Monate bis Jahre, bis mehr möglich wurde. In ganz kleinen Schritten und die meist immer am Limit, konnte ich es steigern. Heute, sieben Jahre später, hänge ich nach dem Camino France noch den Camino Portugiese dran, es sollte meine Extrameile werden.
Das bedeutet, nicht den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, sondern sich auch mit den Hindernissen am Weg auseinanderzusetzen. Man gibt damit einer bestimmten Sache den Wert, die sie für einen hat. Der Unterschied liegt darin, etwas nicht nur zu versuchen, sondern etwas WIRKLICH zu wollen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Denn wieviel ist man WIRKLICH bereit zu geben? Ich wollte wieder Gehen lernen, egal wie und wie lange es dauern sollte. Ich wollte wirklich alles dafür geben!
Krankheit ist der Beginn der Heilung und der Weg zur Gesundheit beginnt. Auch mit meinen Handicaps und Defiziten ist ein gesundes Leben möglich und es ist wichtig, noch in der Krankheit Gesundheit zu leben. Materie folgt der Aufmerksamkeit, also beschäftigte sich mein gesamtes Ich und mir mögliches Denken mit Gesundheit.
Auf dieser Pilgerreise war allerdings so vieles anders, als auf allen meinen Caminos zuvor. Zum ersten Mal wollte ich am Jakobsweg nichts verbessern oder therapieren und diese Einstellung zog sich auch am Camino Portugiese fort.
Seit Jahren versuche ich ins Leben zu kommen und nicht in allem Therapie zu sehen. Die Defizite begleiten mich täglich, trotzdem gibt es auch ein Leben mit diesen Handicaps und nicht nur Therapie. Da einen Unterschied zu machen, war mir bisher kaum möglich.
Meine schlechten Phasen oder zumindest die nicht so Guten, die sieht ja niemand. Genausowenig wie die vielen Stunden hinter dem Computer mit Trainingsprogrammen für das Gehirn, das Stretching, Kraft- und Gleichgewichtstraining oder das geistige Arbeiten. Dieses Chaos in meinem Kopf bekomme ich manchmal kaum in den Griff und das ist eben nicht für jeden Sichtbar. Das sind eben die unsichtbaren Behinderungen, die kaum wer sieht und die von außen kaum wer sieht.
Gesundheit zu leben, war mir schon immer wichtig und das hilft mir heute, meine Defizite und Handicaps immer besser in den Griff zu bekommen. Kann ich dann über einen längeren Zeitraum gehen, ist mein gesamter Organismus nur mit lebensnotwendigen Dingen beschäftigt. Allerlei Randgetöse von zu Hause fällt weg. Dabei bleibt mehr Energie für die nicht so gut funktionierenden Sachen übrig, die vor allem das Gehirn betreffen. Achtsamkeit zu entwickeln, ist für mich eine lebensnotwendige Sache.
Normalerweise liegt der Energieverbrauch des Gehirns bei etwa 20%, bei mir höher, da einige Bereiche zerstört sind und das Umgehen viel Kraft erfordert. Daher ist mein Gehirntraining auch so anstrengend, wie zum Beispiel Krafttraining.
Bin ich zum Beispiel am Jakobsweg unterwegs, fallen viele Anforderungen von zu Hause weg und ich kann mich auf mich selbst und mein Gehirn, immer im Hier und Jetzt, besser konzentrieren. Deswegen geht es mir am und kurz nach dem Jakobsweg auch so viel besser. Meist solange, bis diese anderen Anforderungen wieder da sind.
Im Laufe dieses Camino Portugiese sind so viele Dinge passiert, im Positiven wie im Negativen. Einige Tage vor Ende bekam ich es mit einem Todesfall in der Familie zu tun, dem ersten seit dem Hirnabszess 2016. Mein Gehirn ist bis heute damit beschäftigt, es zu verarbeiten.
Der Verstand versteht es, allerdings macht das Herz Probleme. Emotionen und Gefühle, wie Trauer, sind mir noch immer nur sehr schwer möglich, wenn nicht unmöglich. Irgendwas ist in mir, dass mich davor schützt, wenn zu viele Dinge auf mich einprasseln. Da heißt es dann aufpassen und akzeptieren, dass es so ist und nicht darüber nachdenken, denn das darüber Grübeln lässt mich nicht Weiterkommen und ist kontraproduktiv.
Jetzt aber zum Camino Portugiese. Ich nutze die Chance, in Santiago zu sein, um nach Lissabon zu gelangen, um den Camino Portugiese in seiner ganzen Länge zu gehen, nicht nur von Porto aus, so wie es die meisten tun. Von Zuhause aus würde ich nicht so weit fahren, denn Lissabon ist mit dem Bus fast 50 Stunden entfernt, das wäre zu weit für mich. Deshalb war der Camino Portugiese auch noch nie ein Thema und ich wollte die Gunst der Stunde nutzen.
Bereits am nächsten späten Nachmittag bin ich, von Finesterre kommend, in Lissabon am Busbahnhof und durchquere die Stadt, um zur Herberge zu gelangen.
Immer wieder habe ich Probleme damit, an Menschengruppen vorbei- oder durch sie hindurchzugehen. Nach dieser langen Zeit in der Natur stresst es mich, so viele Menschen auf einem Platz zu sehen. Überall wird gefeiert und die Straßen sind voll. Was ich nicht bedacht habe ist, es ist Freitag und es geht rund in der Stadt.
Dazu sind die Gehsteige sehr schmal und die Autos fahren knapp an einem vorrüber. Bei der Herberge angekommen, ist sie geschlossen. Damit habe ich nicht gerechnet. Sie liegt nahe am Weg und wäre ideal, um am nächsten Tag zu starten. Es ist bereits sieben Uhr am Abend und mittlerweile finster. Im Urban Garden Hostel finde ich dann Unterschlupf, muss aber deswegen wieder durch die gesamte Innenstadt.
Mit vier Algeriern am Zimmer, komme ich dort kaum zum Schlafen. Bis drei Uhr früh geht dauernd das Licht an und aus oder es geht jemand aus dem Zimmer oder kommt. Ich stehe deshalb um halb sechs Uhr auf, mache Licht, packe mein Zeug zusammen und gehe los. Ich kümmere mich nicht darum, leise zu sein, denn um mich hat sich auch niemand gekümmert. Diese Schroffheit und Direktheit ist eine Folge des Hirnabszesses, es gibt kein dazwischen. Das wird mich diesmal noch öfter begleiten.
Ich möchte nur mehr weg aus der Stadt. Im aufkommenden Samstag ist es noch ruhig in der Stadt und mein Weg führt mich zunächst durch die Luxus Einkaufsstraße der Stadt. Wahrscheinlich kostet eine Handtasche dieser Luxusmarken so viel, wie meine gesamte Ausrüstung, die ich mit mir führe. Welch verrückte Welt!
Trotzdem bin ich wahrscheinlich glücklicher als viele, die diesen Wert brauchen und ihr Glück davon abhängig machen. Ich habe nichts, außer dem Zeug in meinem Rucksack und ich brauche auch nicht mehr. Einige Fotos mache ich noch und dann nichts wie raus aus der Stadt. Die berühmten Straßenbahnen habe ich bereits gestern gesehen und damit auch Lissabon. Für mehr, wie Museen oder Galerien, wäre ich nicht tauglich, da reicht mir oft schon ein kurzer Aufenthalt und ich sehne mich wieder nach dem Trail, dem Wald und der Einsamkeit.
Auf dem Weg zur Kathedrale setze ich mich in eine Bar und frühstücke. Langsam erwacht die Stadt. Im ersten Morgenlicht komme ich zur Kathedrale, die in der Nähe des Meeres liegt, mache ein Foto und gehe los.
Den Camino Portugiese werde ich in zwei Teilen schreiben, da meine Konzentration nicht für einen längeren Bericht reicht. Daher behandle ich zunächst einmal nur den Teil bis Porto.
Gleich die ersten Meter geht es über das portugiesische Pflaster, dass mich immer wieder begleiten wird. Es schaut zwar schön aus, macht das Gehen für mich aber schwierig. Es ist praktisch in jeder Ortschaft anzutreffen, in all seinen Varianten und es gibt kaum einen nicht gepflasterten Gehsteig.
Für mich weniger gut, denn an Pflastersteine konnte ich mich noch immer nicht gewöhnen. Das Nicht-Spüren der Stellung der Gelenke ist auf Pflasterwegen so viel ausgeprägter, als auf allen anderen Untergründen. Ich gehe steif, wie ein Roboter, darüber, um nicht umzuknicken. Ich fühle mich wie beim Radrennen Paris-Roubaix, alle paar Kilometer sind Abschnitte mit Pflaster.
Als Radrennfahrer war ich einmal auf der Titelseite einer belgischen Tageszeitung bei der Belgien Rundfahrt, auf einem gepflasterten Anstieg. Ich liebte das früher und fühlte mich wohl. Mit ein Grund, warum ich wieder einigermaßen gehen kann, weil ich seit jungen Jahren eine besonders gut entwickelte Propriozeption hatte.
Allerdings habe ich über den Abschnitt von Lissabon nach Porto nicht viele gute Meinungen gehört, das möchte ich aber selbst erfahren, ob es so ist und warum. Gehen tue ich sowieso überall und habe, trotz oft Widrigkeiten, meine Freude daran, die mir keiner und nichts nehmen kann.
Zu einem Land gehören außerdem nicht nur die schönen Seiten, sondern auch die weniger Guten, um es besser erleben und beurteilen zu können. Erstmals kann ich auch diese Seiten einer Reise intensiver kennenlernen. Es brauchte sieben Jahre dazu, deswegen hat sich der Aufwand der letzten Jahre auch gelohnt.
...sind ein eigenes Kapitel. Ich komme ja nach einem Monat am Camino France direkt nach Portugal. Portugal und Spanien habe ich in irgendeiner Weise bisher immer als dasselbe gesehen, vor allem in der Mentalität dachte ich mir, gibt es kaum einen Unterschied.
Diesmal lerne ich aber den Unterschied zu Spanien wirklich kennen und das beginnt mit den Autofahrern. Sind Pilger in Sicht, wird in Spanien das Tempo verringert und die Pilger in möglichst weitem Bogen umfahren. Oft wird man aus dem Auto winkend oder hupend mit einem Gruß bedacht.
Anders in Portugal, zumindest auf der Strecke von Lissabon nach Porto. Nach den ersten zwei, drei Tagen der Beobachtung, kam mir meine Lernaufgabe mit dem Hirnabszess in Erinnerung.
"Lernen, mit seiner Aggression umzugehen!", steht an vorderster Stelle.
Damit konnte ich hier beginnen, denn das gilt für 3 von 5 Autos. Zunächst einmal verringert kaum ein Auto seine Geschwindigkeit wegen eines Pilgers. Dazu fahren sie sehr knapp an einem vorbei, auch wenn viel Platz auf der Straße war. Ich merkte bald, dass sich manch einer einen Spaß daraus machte, Pilger damit zu erschrecken.
Für mich weniger gut, weil so sehr ich mich bisher in allen Belangen verbesserte, hier komme ich an meine Grenzen der Propriozeption. Gerade knapp vorbei rasende Autos kann ich nicht schnell genug einschätzen und kosten mich viel Energie.
Eigentlich hilft oft nur der Schritt in den Straßengraben und das, obwohl kein Gegenverkehr ist und damit genug Platz für uns beide wäre. Ein guter Zeitpunkt, um mit meiner Aggression umgehen zu lernen.
Nach einigen Tagen nahm ich die Herausforderung an, denn ich wollte nicht mehr in den Straßengraben springen oder mich erschrecken lassen. Ich brauchte Jahre, um meinen Puls zu beruhigen und habe erstmals seit Jahren wieder innert Sekunden einen hohen Puls, einfach weil ich mich erschreckte und das mehrmals am Tag. So konnte und durfte es nicht weitergehen.
Ich fixierte mit Augenkontakt jeden entgegen kommenden Autofahrer und merkte sofort, wenn er mich erschrecken wollte, denn dann zog ein süffisantes Grinsen über seine Gesichtszüge. Das hieß meistens, dass er eher noch mehr Gas gab und möglichst knapp an mir vorbeizog. Durch den Hirnabszess muss ich wieder lernen, Geschwindigkeiten und Abstände einschätzen zu können, um mich sicher im Verkehr bewegen zu können. Das hier war aber eine neue Art.
In für mich relevanten Situationen kann ich es schon ganz gut. Ich habe nur mehr wenig Probleme damit zu wissen, wie weit und wohin ich den nächsten Schritt setzen kann oder wenn ich etwas aufheben möchte, es auch wirklich mit dem ersten Griff erfassen zu können. Mit so etwas wie den Autofahrern war es allerdings eine neue Situation für mich. Anfangs ärgerte ich mich über den verursachten Schreck, aber wie gesagt, ich nahm die Herausforderung an.
Zielte wieder auf mich jemand zu, obwohl genug Platz war, nahm ich beide Wanderstöcke in die zur Straßenseite liegende Hand und hielt sie seitlich von mir weg. Man muss dazusagen, auf vielen Abschnitten gibt es kein Straßenbankett. Man geht auf der Straße und hat kaum Möglichkeit, auf die Seite zu treten, da das hohe Gras direkt daneben beginnt oder ein abschüssiger Straßengraben. Es war für mich jedoch ein gutes Training, um Abstand und Geschwindigkeiten abschätzen zu lernen.
Mit dem Blick blieb ich bis zum Schluss in den Augen des Autofahrers, die sich vom ersten Grinsen in ein "...was macht er denn jetzt?", erschrecktes Gesicht wandelte. Es hatte jeder im Endeffekt mehr Angst um sein Auto, ging kurz vom Gas und machte damit kurz vor mir doch einen Bogen um mich.
Ein paarmal blieb das Auto fast stehen, da jetzt der Autofahrer ärgerlich war. Sofort deutete ich ihm, mit den Stöcken in der Hand nach, er solle nur herkommen, dafür fehlte aber allen der Mut. Sie gaben wieder Gas und fuhren weiter, denn meine gesamte Körperhaltung strahlte Ärger aus und darauf wollten sie sich dann doch nicht einlassen, denn sie spürten, dass sie im Unrecht waren.
Sie wussten natürlich nicht um meine körperliche Unterlegenheit, denn eigentlich hätte ein Windhauch gereicht und ich falle um. Und da sind wir wieder beim Thema "nicht sichtbare Behinderungen". In diesem Fall habe ich es nicht mehr hingenommen, mich so behandeln zu lassen und mich zur Wehr gesetzt. Zu lange habe ich Dinge hingenommen und den Ärger in mich hineingefressen. Da war es natürlich eine gute Möglichkeit, mit diesen Emotionen umgehen zu lernen.
Das kann natürlich zweierlei Konsequenzen haben. Die erste wäre, der Autofahrer hat dazugelernt und wird keine Pilger mehr erschrecken, um nicht selbst dadurch Konsequenzen zu erleiden. Die zweite ist die nicht so schöne, er wird seinen Hass auf Pilger, wo immer der herkommt, weiter ausleben, solange, bis er dann doch einmal die Konsequenzen erleben wird. So hatte dies doch recht negativer Erlebnis für beide Seiten gute Lehren, die ich dankbar annahm.
Vom schwierigen Verkehr auf diesen ersten rund 400 Kilometern hatte ich schon gehört, aber diesmal auch erlebt. Deshalb empfehle ich jedem, ab Porto loszugehen und den Teil ab Lissabon auszulassen. Es ist ein schöneres Pilgererlebnis ab Porto, außer man hat ähnlich gelagerte Themen.
Trotz der oft schwierigen Verhältnisse, nicht nur mit dem Verkehr, möchte ich keinen Meter dieser Strecke vermissen.
Da ich jeden Meter zu Fuß gehe, habe ich auch alles kennengelernt. In den vereinzelten Herbergen habe ich dann andere Pilger kennengelernt, die es anders handhabten. Man geht nämlich praktisch immer in der Nähe der Eisenbahnstrecke und kommt immer wieder an Stationen vorbei. Viele überbrücken dann nicht so schönen Abschnitte mit der Eisenbahn und gehen eben dann wieder weiter. Auch eine Möglichkeit, ich aber wollte wirklich alles zu Fuß zurücklegen.
Und da kommen wir zum Geruch. Speziell auf den ersten 200 Kilometern liegt oftmals ein Fäkaliengeruch in der Luft, der einem den Atem nimmt. Erst viel später erfuhr ich von einem in Portugal lebenden Deutschen, dass viele Portugiesen keinen besonderen Umwelt- oder Naturschutzgedanke haben. Dazu kommt die Teuerung, dass viele kaum mehr Geld haben. Aus diesen Gründen, werden die Senkgruben oft nicht ausgeleert und gehen über. Das mündet in einem übelriechendem Gestank im Straßengraben, neben dem man ja viele Kilometer zurücklegt.
Das alles klingt sehr negativ über Portugal, aber das gehört auch einmal gesagt. Es ist natürlich nicht überall so und es gibt auch Abschnitte, die wirklich schön sind.
Zwischendurch findet man sich wieder in duftenden Eukalyptuswäldern. Es ist oft eine einzige Dufttherapie, durch den, mit ätherischen Ölen angereicherten Wald, zu gehen. Das ist das Positive, beinhaltet aber gleichzeitig auch Negatives.
Der Eukalyptus ist in Portugal nicht heimisch und wächst bereits auf mehr als einem Viertel der portugiesischen Waldfläche. Er dient der Papierherstellung, weil er so schnell wächst und wird in den meisten Regionen angebaut. Beim Gehen macht sich der Duft bemerkbar und tut vielen Menschen gut.
So schlecht ist es aber für die Tier- und Pflanzenwelt. In einem solchen Wald gibt es keinen Vogelgesang, also auch keine Vögel und die restliche Tierwelt, wie Mäuse, andere Nager oder Rehwild, halten den starken Eukalyptusduft ebenfalls nicht aus. Und das auf einem Viertel der Waldfläche Portugals!
Dem Kommerz wird viel geopfert und dazu kommen jedes Jahr enorme Waldbrände, wo das Feuer viele Häuser und Dörfer verschluckt. Wenn ich genau überlege, habe ich meinen ersten bewussten, dort heimischen Wald, erst nach Tagen gesehen, als es über einen 600 Meter hohen Bergrücken ging.
Es ist zwar im ersten Moment wohltuend durch diese Eukalyptuswälder zu gehen, aber mit dem Wissen um die Hintergründe verliert es seinen Zauber.
Hatte ich am Camino Frances in vier Wochen nur zwei Tage wirklich Regen, so erwische ich hier des Öfteren Regentropfen. Die Stärke wechselt immer ab zwischen leicht, gar nicht und stark. Sobald es beginnt, ziehe ich so schnell wie möglich den Poncho über, denn man hat nur wenige Sekunden Zeit, bis es zu schütten beginnt.
Nass unter dem Poncho zu sein, mag ich nicht besonders. Es wird daher an manchen Tagen ein An- und Ausziehen. Ich bin erstmals in normalen Schuhen von Hoka unterwegs, nicht mit Gore-Tex, das ist für mich gewöhnungsbedürftig. An manchen Tagen habe ich von Früh bis Spät nasse Schuhe, Socken und Füße. Meine Hoka Gore-Tex habe ich ja in Santiago entsorgt, nach 1.200 km, die sie drauf hatten und neue besorgt. Diesmal nur mit Mesh, das ist gewöhnungsbedürftig, wenn es nass ist.
Die knapp 400 Kilometer von Lissabon nach Porto legte ich in 9 Tagen zurück. Ab Porto begleitet mich Alexander Rüdiger, der aus Wien nachkommt. Eine Premiere für uns beide, da wir zwar schon oft die heimischen Pilgerwege in Österreich begangen sind, aber zusammen noch nie in Spanien oder Portugal waren.
Am letzten Tag lege ich 65 km zurück, da ich mich am nächsten Tag in der Früh in Porto mit Alexander treffe. Der Tag besteht fast zur Gänze aus Asphalt und Kopfsteinpflaster, mit immer wieder leichtem Regen dazwischen. Erst im Finsteren treffe ich in Porto ein und muss noch durch die ganze Stadt zur Herberge gehen.
So sehe ich, gleich wie in Lissabon, die ganze Stadt während des Gehens. Spät treffe ich in der Herberge ein, wo ich zum Allerersten die Wäsche wasche. Nach der Dusche sitze ich wieder im Regenzeug in der Küche und bereite ich mir ein Essen. Danach hole ich die Wäsche ab und gehe schlafen. Das war mein bisher längster Tag.
Für diesen ersten Abschnitt habe ich mich bewusst für das Gehen und täglich viele Kilometer entschieden, ab Porto stehen dann weniger Kilometer am Tag auf dem Programm. Darüber im nächsten Teil.
Teil 2 behandelt den Camino Portugiese, von Porto nach Santiago de Compostela.
Am Tag nach meiner Ankunft in Santiago de Compostela geht es wieder weiter. Der Camino Finesterre, mit Muxia, steht an. Diese Runde ist besonders gut geeignet, um den langen Camino France zu verarbeiten, herunterzukommen und sich Zeit zu nehmen. Es sind geplante 230 Kilometer, mit dem Rückweg nach Santiago.
Heute, wo ich das niederschreibe, ist bereits über einen Monat vergangen, seit ich dort war. Es ist viel passiert seither und das fließt natürlich in mein Befinden, Fühlen und Bewerten ein. Denn manches verstehe ich jetzt besser, was mir damals noch nicht klar war. Für viele Dinge brauche ich noch immer lange, um es zu verstehen, bzw. es in mein Herz aufzunehmen.
Schon früh starte ich und mache noch Fotos vor der Kathedrale in Santiago. Mein übliches Cafe hat geschlossen, so muss ich mir ein neues suchen. Gesagt, getan und nach einem Kaffee mit Tostada, wie ein getoastetes Brot in Spanien heißt, gehe ich in einen kleinen Supermarkt und kaufe für unterwegs ein. Ich möchte zuerst nach Muxia, erst danach nach Finesterre und wieder nach Santiago zurückgehen.
Da ich Zeit habe, gehe ich langsam und möchte nur genießen, um die Zeit am Camino gut abschließen zu können. "Das Leben zelebrieren", war ein geflügeltes Wort meines Mit-Pilgers Günter, im Jahr 2019. Trinken und Snacks für unterwegs sind besorgt und los geht's.
Bergauf, bergab führt der Weg durch den Galizischen (Regen-)Wald, den ich schon Ende Februar in allen Grüntönen erleben darf. Der typische Eukalyptus Geruch tut mir gut, allerdings ist er hier nicht heimisch und verdrängt immer mehr die heimische Tier- und Pflanzenwelt. Daran muss ich immer denken und es bekommt einen Schalen Beigeschmack dazu.
In Negreira gehe ich in die öffentliche Herberge, wo ich als einer der ersten eintreffe und mein Bett beziehe. Alle öffentlichen Herbergen in Galizien sind neu renoviert, ein Ergebnis aus der Covid-Zeit. Es gibt hier ein eigenes WC und Badezimmer für Behinderte, einzig der Stiegen Aufgang ist der gleiche seit Jahren.
Über Eisengitter geht es nach oben oder unten. Wie ein Flamingo stolziere ich darauf herum, die Propriozeption lässt grüßen. Noch immer habe ich mit Eisengittern, besonders auf Brücken, meine Probleme, da reicht selbst schon ein Stiegen Aufgang. Solche Eindrücke durch die Umwelt, kann mein Gehirn noch nicht richtig verarbeiten. Die Wahrnehmung umfasst dabei Prozesse wie Reizaufnahme, Weiterleitung, Speicherung und Koordination.
Da die Sonne scheint, nutze ich die Zeit zum Waschen und kann die Wäsche im Freien aufhängen. Ein seltener Luxus im Winter, auch weil ich meistens bis zum späten Nachmittag unterwegs bin und die Sonne bereits im Untergehen ist.
Am nächsten Tag geht es nach Oliveiroa. Die öffentliche Herberge hat diesmal offen. Es ist kalt, aber dafür scheint die Sonne. Letztes Jahr hatte ich Regen und Sturm den ganzen Tag über. Besonders über einen steilen Hügel erwischte mich ein Sturmregen, wie ich ihn selten bisher erlebt habe.
Den ganzen Tag spaziere ich dahin und denke nicht viel. Irgendwie fühle ich mich am rechten Platz und auch wieder nicht. Darüber nachzudenken ist mir nicht möglich, um ein Warum zu finden. Ich rekapituliere den bisherigen Camino und versuche mich an Begebenheiten zu erinnern, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind. So halte ich Rückschau über meinen bisherigen Weg und was er mir bisher gebracht hat.
Schon früh starte ich, aber alle Cafés haben noch geschlossen. Ich habe mich entschieden zuerst nach Muxia zu gehen und dann erst nach Finesterre. Nach den Camino-Wegweisern, wo einer nach Muxia und der andere nach Finesterre weist, geht es eine Zeitlang durch den Wald. Plötzlich kommen Gedanken in mir auf: Bin ich am richtigen Weg?
Die letzten beide Tage waren dafür da, alles bisher Erlebte zu verarbeiten. Es war ein toller, erlebnisreicher Camino, wo ich erstmals das Leben genießen konnte, statt in allem Therapie zu sehen. Es fehlte aber bisher die eine große Erkenntnis oder das Erlebnis, dass immer einen Wow-Effekt ausgelöst hat. Daher war ich mir nicht sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. Wäre ich besser zuhause aufgehoben, in meiner Rehabilitation?
Normalerweise ein doch recht scheue Vogel, der schnell davon fliegt. Meistens sieht man seinen roten Schwanz noch im Wegfliegen. Dieser aber blieb etwa eineinhalb Meter vor mir sitzen, starrte mich an und zwitscherte, flog aber nicht weg, so als wollte er mir was sagen.
Am gesamten Weg bisher sah ich viele Rotkehlchen und viele Meisenarten, aber keinen einzigen Hausrotschwanz. Es war mein erster am Weg, nach einem Monat durch Spanien. Erst nach etwa 30 Sekunden flog er davon und ich schaue sofort nach, was er bedeutet.
Die genaue Bedeutung und was er mir sagen wollte, könnt ihr hier nachlesen. Ich habe einen eigenen Blog-Artikel dazu geschrieben (Zum Blog-Artikel). Hier reicht die Überschrift der Beschreibung dafür, die da lautete:
"Du bist auf dem richtigen Weg"
Die mich seit dem Morgen beschäftigende Frage, war damit beantwortet. Die Grübelei hatte ein Ende und ich schritt fröhlich mit mir und der Welt weiter. Es war wichtig, aus dieser Grübelei auszusteigen und wieder mehr auf mein Herz zu hören. Denn das Herz lässt mich im Hier sein und den Moment voll auskosten. Pflanzen, Insekten und die Natur bekommen dann wieder mehr Wichtigkeit und gerade das, tut mir gut.
Wenn diese Grübelei auch zum Glück nicht lange andauert, hält sie mich doch davon ab, mir gutes zu tun. Mein Gehirn funktioniert seit dem Hirnabszess anders und ich lerne jeden Tag dazu und besser damit umzugehen.
Überhaupt habe ich seit dem Beginn des Camino Finesterre das Gefühl, besser geerdet zu sein. Immer öfter weicht die Schwere meines Körpers einer Leichtigkeit, die ich in der Natur besonders spüre. In Städten wird es wieder schwerer, darum bevorzuge ich den Aufenthalt in der Natur.
In Muxia angekommen, gehe ich zuerst ans Meer. In der Nähe der Kirche Virxe da Barca lege ich mich auf die Felsen, hin zum Meer und spüre einen Frieden in mir. Einen Frieden, in mir angekommen zu sein. Minutenlang schaue ich auf die stürmische See, ohne einen Gedanken zu haben. In solchen Momenten fühle ich mich am wohlsten, mit den Elementen der Natur um mich.
Das Gehen hat eine gesundheitliche Komponente, die mir hilft, dem Leben einen Sinn zu geben. Mit dem Erreichen von Muxia habe ich rund 1.000 Kilometer im letzten Monat zurückgelegt. Jeder Meter davon ist ein Meter zu mehr Gesundheit und mehr zu mir selbst. Gesundheit und Heilung hat für mich vielleicht eine andere Bedeutung, als was die meisten darunter verstehen könnten.
Es sind in erster Linie der Geist und die Seele für mein Befinden verantwortlich. Denn ob ich daran verzweifle oder akzeptieren kann, wie es ist, findet in meiner Seele und dem Geist statt, nicht im Körper.
Fähigkeiten, die ich vielleicht nie mehr wiedererlangen werde. Was kaputt ist, ist kaputt, Nervenverbindungen zum Beispiel. Trotzdem arbeite ich daran, denn der Körper ist so toll, wie er manche Dinge plötzlich auf andere Weise zustande bringt und umgeht. Das geht nur Step by Step und gehen war mir am wichtigsten.
Mir fällt eine Sendung auf Arte ein, die vom Gehen handelt. Gehen für die Gesundheit, ist das Thema und es erklärt, was alles im Körper dabei passiert. Jede einzelne dieser Aussagen kann ich nur unterstreichen.
Das Gehen ermöglicht mir, mich in dieser Welt zurechtzufinden und kein Pflegefall zu sein. Das muss mir immer wieder bewusst bleiben, denn der Grad zurück, kann sehr schnell sein. Solange ich gehen kann, kann ich ein eigenständiges Leben führen und das möchte ich mir erhalten, solange ich kann. Niemals wieder möchte ich in eine so ausweglose Situation geraten.
Vor genau einem Jahr hatte ich den Nierenstein und durfte an mir sehen, wie schnell es auch in die andere Richtung gehen kann. Hier gehts zum damaligen Bogbericht.
Immer wieder ergoss sich ein kurzer Regenschauer über mich und um 16 Uhr komme ich zur öffentlichen Herberge, wo ich wieder der erste war. Nach mir kamen allerdings nur zwei weitere Pilger, die ich aber nur am Rande wahrnahm.
In einem nahen Café genehmigte ich mir einen Burger mit Pommes und ging zurück zur Herberge. Zufrieden schlief ich schon früh ein und konnte nach langer Zeit wieder einmal ohne aufzuwachen durchschlafen.
In der Früh ging ich als Erstes in ein Café, um zu Frühstücken. Dort traf ich auf den Pilger Kai aus Deutschland. Wir hatten einen guten Draht zueinander und in der nächsten Stunde erfuhr ich einiges über mich, bzw. über das, was mir die Numerologie, in Kombination mit der Astrologie, aktuell zu sagen hatte.
Das sind Dinge, die ich teilweise schon wusste, mir aber seit dem Hirnabszess entfallen sind. Die Stunde war eine Wiederherstellung meiner Synapsen in diese Richtung. Vieles habe ich zwar aufgrund des fehlendes Kurzzeitgedächtnis wieder vergessen, trotzdem ist mir einiges in Erinnerung geblieben und vieles war mir neu. Es waren Dinge, die ich hier nicht genau erläutern kann, um es niederzuschreiben. Es wird mir aber viel für die Zukunft bringen, vor allem, welche Themen bei mir in Zukunft eine Rolle spielen werden.
Im Nachhinein gesehen, bekam jede Entscheidung, jeder Schritt und jeder Tag seit dem Losgehen auf diesem Camino seinen Sinn. Manchmal fragte ich mich, warum gehe ich bloß 20 Kilometer? Einen anderen Tag fragte ich mich, warum gehe ich heute 55? Aber jeder Tag war genau richtig, um nach einem Monat, genau um diese Uhrzeit und an diesem Tag, hier in diesem Café zu stehen und diese Begegnung zu haben.
Wäre nur ein kleiner Baustein in den vergangenen vier Wochen anders gewesen, wäre ich nicht an diesem Platz gestanden und hätte den Pilger Kai nicht kennengelernt. Damit bekam das Krafttier Hausrotschwanz vom Vortag noch mehr Bedeutung, auf dem richtigen Weg zu sein. Dieses Gespräch rundete meinen Camino ab und es fehlte nur mehr mein Weg nach Finesterre, um ihn zu vollenden.
Der Camino Finesterre hat ja eine besondere Bedeutung, die ich in dieser Weise noch nie so erklärt bekommen habe. Muxia ist Wasser und Finesterre Feuer. Zusammen mit Santiago ergibt das ein Kreuz und gehört zusammen. Mit diesem neuen Wissen bekam mein Camino Finesterre eine neue Bedeutung, die ich so noch nicht kannte. Bei der Verabschiedung von Kai, gab er mir noch den Tipp, auf halben Wege nach Finesterre, im Restaurant in Lires, Pulpo zu essen. Es war der beste, den er je gegessen hat.
Gesagt, getan, es wurde auch für mich ein bisheriges Highlight in Sachen Kulinarik. Leider hat die ans Restaurant angeschlossene Herberge noch nicht offen, sonst wäre ich geblieben. Überhaupt ging ich es diesen Tag langsam an und trödelte auf dem Weg. An besonders schönen Stellen rastete ich, viel öfter als bisher, hatte keine Eile und nahm mir Zeit, die Gegend zu genießen.
So kam ich erst am späten Nachmittag in Finesterre an und nahm mir ein Einzelzimmer. Ich wollte in Ruhe meine Gedanken ordnen können, dazu war die Herberge nicht geeignet. Ich blieb nur kurz, denn ich wollte noch hinaus ans Cap, wo meine Reise erst wirklich zu Ende war.
Auf dem Weg dorthin traf ich auch eine Pilgerin aus England wieder, die von der Via de la Plata gekommen ist, sowie ihren französischen Freund, der eine Herberge in Saint Jean Pied de Port betreibt und seit Santiago dabei ist. Ich traf sie einige Tage zuvor, noch vor Santiago und konnte so einiges über die Via de la Plata in Erfahrung bringen.
Das neuerliche Gespräch verkürzte den Weg und die Sonne stand schon tief, als wir das Cap erreichten. So waren auch mir bekannte Gesichter am Cap und ich war nicht allein. Trotzdem suchten dort jeder seinen eigenen Platz, denn jeder hat ein eigenes Ritual, um seine Reise abzuschließen. Bald darauf begann der Sonnenuntergang, den ich bisher jedes Mal anders erlebt habe.
Nach längerer Zeit konnte ich diesmal wieder einen Sonnenuntergang erleben, denn letztes Jahr war das Wetter so schlecht, dass ich beide Male nicht bis zum Abend geblieben bin. Diesmal erinnerte es mich wieder daran, dass jeder Tag ein Ende hat und tags darauf neu beginnt. Auf jeden Untergang erfolgt ein Aufgang, als bildliches Gleichnis für das Leben, was besonders für mich gilt.
Es ist ein dankbarer Zustand, in dem ich mich befinde, dankbar dem Leben gegenüber. Es sind auch viele Touristen anwesend, unter denen sich aber nur eine Handvoll Pilger befinden. Allen gemeinsam ist, dass wir den Abend mit dem Schauspiel der Sonne genießen.
Es hat eine besondere Wirkung, bis ans "Ende der Welt" zu Fuß zu gehen und hier die Sonne unterzugehen zu sehen. Ich muss an die Pilger vergangener Zeiten denken und was für Strapazen sie auf sich genommen haben, um hier stehen zu können. Mir kommen auch viele Bilder aus den vergangenen Jahren und was ich seit dem Hirnabszess erleben durfte. Ja, auch ich bin dankbar hier stehen zu können, nach all dem, was ich durchgemacht habe.
Viele Bilder tauchen in meinem Gehirn auf, während ich auf die im Meer verschwindende Sonne schaue. Auf der einen Seite stehe ich hier mit dem Verstand, auf der anderen mit dem, was mein Herz fühlt. Gefühle und Gedanken springen umher und ohne dass ich es steuern kann, rinnen mir auch ein paar Tränen über die Wange.
Da ich um die Wichtigkeit der Tränen und Trauer weiß, möchte ich dem freien Fluss lassen. Daran hindert mich aber der umherspringende Verstand, der alles unterbindet, besonders aber, Gefühle spüren zu können. Kurze Momente sind möglich, aber sofort holt mich der Verstand zurück und lässt keine Emotionen zu. Er lässt mich in einer Verwirrung zurück. Ich arbeite daran, komme aber nur Stück für Stück damit voran.
Trotzdem verlasse ich freudig diesen Kraftort und bei beginnender Dunkelheit gehen wir Pilger zu Fuß zurück nach Finesterre, den schmalen Pfad entlang, neben der Straße. Dort treffe ich wieder auf meine Pilgerfreunde und wir unterhalten uns den ganzen Weg zurück. So erfahre ich viel über das Hospidalero-Dasein und was es für einen Unterschied macht, eine Herberge am Start des Camino France zu betreuen oder später, weiter im Lande.
Den Tag nach meiner Ankunft habe ich als Ruhetag eingeplant. Als Erstes geht es zum Wäschewaschen. Die Bedienung des Trockners ist kompliziert und aufgrund meines letztjährigen Erlebnisses bin ich vorsichtig. Stufe 2 beim Trockner sollte gehen und so warte ich 20 Minuten darauf, bis es fertig ist.
Ich sitze nur im Daunenanorak und der Regenhose da, denn alles andere habe ich gewaschen. Dann der Schock, wieder ist einiges eingegangen. Auch die Stufe zwei ist zu stark. Beide Unterhosen, die Haube und was mich am meisten schmerzt, die Fleecejacke sind derart eingegangen, dass ich sie nicht oder kaum mehr benutzen kann.
Zum Glück geht meine Hose noch und die Handschuhe. Auch die kurzen Leibchen sitzen etwas strenger, eines muss ich danach wegwerfen. Alles mit spezieller Gummierung ist dahin. Für die letzten Tage eigentlich nicht so schlimm, aber andere Gedanken kommen immer stärker in mir auf. Ich möchte noch weitergehen.
Nach diesem neuerlichen Schock im Waschsaloon spaziere ich durch den Ort und lasse es mir gutgehen. In einer Bar überlege ich, was ich jetzt mache. Ich bin jetzt einen Monat unterwegs und hätte noch Zeit. Der Camino Ingles kommt mir in den Sinn, er wäre in einigen Tagen machbar.
Als Alternative überlege ich auch den Camino Portugiese, der ab Porto in gemütlichen 10 bis 12 Tagen machbar wäre. Allerdings beginnt er eigentlich in Lissabon. Ich überschlage kurz die Distanz von 600 bis 700 km und komme darauf, dass ich es in den verbleibenden 25 Tagen schaffen könnte. Meinen Verstand schalte ich aus und lass das Herz entscheiden.
Da es sich zeitlich nicht ausgeht, nach Santiago zurückzugehen, beschließe ich doch den Bus zu nehmen und dann eine weitere Busverbindung nach Lissabon. Die Überlegung ist nämlich diese, von Graz aus zum Camino nach Lissabon zu gelangen, ist mir bisher zu weit gewesen, denn Fliegen kommt für mich (normalerweise) nicht infrage. Daher war der portugiesische Weg auch noch nie ein Thema für mich.
Als nutze ich die Gunst der Stunde und werde 8 Stunden mit dem Bus nach Lissabon fahren, zum Start des Camino Portugiese. Den Camino Finesterre beende ich somit in Finesterre und werde mit dem Bus zurückfahren. Die drei Tage zu Fuß würden mir am Ende fehlen oder zumindest unnötig Stress verursachen.
In Santiago angekommen, führt mich mein erster Weg in ein Sportgeschäft am Weg. Eine neue Fleecejacke bekomme ich stark ermäßigt und auf dem Weg zur Kassa frage ich noch um Schuhe. Meine derzeitigen haben 1.200 km drauf und reichen für etwa noch weitere 200 km. Da ich dann aber in der Pampa stehen würde, überlege ich mir neue zu besorgen.
Nach vielem Anprobieren bringt mir der Chef des Geschäfts einen Hoka Mafate, sogar das neueste Modell, die er mir mehr als günstig gibt. Allerdings ist er ein wenig zu groß. Die rettende Idee kommt mir im Austauschen der Einlagen, auf meine zwar schon durchgegangenen speziellen Einlagen, aber er passt damit recht gut. Mit diesen neuen Teilen werde ich mich auf den Camino Portugiese wagen.
Mit den Erlebnissen am Camino Finesterre kann ich einen recht guten Zwischen-Abschluss unter einem Monat unterwegs sein ziehen. Meine Wahrnehmung hat sich wieder verbessert und beim Gehen fühle ich mich stabiler.
Das größte war allerdings für mich, dass ich erstmals gehen konnte, ohne etwas verbessern zu wollen. Das brachte mich dazu, den Weg anders genießen zu können, als wie bisher. Bisher war es so, dass ich in allem, was ich getan habe, Therapie sah. Dass es diesmal nicht so war, ist zu einem Großteil auf das therapeutische Tanzen zurückzuführen, mit dem ich schon so lange arbeite.
Mein sechster großer Camino brachte mir viele tolle Momente im Hier und Jetzt, die für mich so wertvoll sind. Aufgrund meines eingeschränkten Denkvermögens und dem fehlenden Kurzzeitgedächtnis, geben mir solche Erlebnisse wie am Camino einen Sinn im Leben. Gehen eröffnet mir eine Tür zur Welt!
Gehen ist für mich eine Kunst geworden. Wie ich mich bewege, so fühle ich mich. Gehen und Bewegen ist ein Gradmesser geworden für mein Befinden geworden, nicht zuletzt durch das therapeutische Tanzen. Am Camino beginnt jetzt auch meine Seele zu heilen, denn wie sagte schon Platon:
"Willst du den Körper heilen, musst du zuerst die Seele heilen!"
Teil 6 wird die Extrameile Camino Portugiese sein. Es ist viel passiert in den letzten Wochen, daher tut es gut, es mit ein bisschen Abstand zu schreiben.
Bis bald und Buen Camino
Astorga, ab hier wird es bergig, nach den endlosen, flachen Geraden der Meseta. Bis Santiago de Compostela wird es ein auf und ab, auf dem Camino Frances 2023.
Nach dem Ruhetag und der Gaudi-Palast Besichtigung fühle ich mich gut und starte früh. Es ist mir nicht klar, welche Herbergen am Weg offen haben werden, so spiele ich bereits am Anfang mit dem Gedanken, dass Bergmassiv an einem Tag zu überqueren.
Bevor ich nach Rabanal komme, kehre ich diesmal noch in Santa Catarina ein. Ein Kaffee mit Croissant muss sein, denn wenn ich Pech habe, ist es die letzte Gelegenheit, bis ins weit entfernte Molinaseca. Eventuell gibt es noch etwas in Rabanal, aber darauf möchte ich mich nicht verlassen.
Unerwartet kommt der Franzose Pierre in den Gastraum. Er hat mich an meinem Ruhetag überholt und hier genächtigt. Er ist Trailrunner und bereitet sich auf einen Lauf vor. Jeden dritten Tag macht er etwa 50 Kilometer, wovon er die Hälfte läuft und dann zwei Tage lang etwa 25 km, in denen er nur geht. So gewöhnt er seinen Körper an die Belastung. Wir haben uns das erste Mal in Carrion getroffen, wo wir zu dritt im Kloster genächtigt haben. Er hat nur einen kleinen Laufrucksack mit 15 Liter Volumen dabei und daher nur das Notwendigste. Sehr bescheiden für den Winter, aber eben nur das, was er wirklich braucht.
Ich beneide ihn um das geringe Gewicht, denn ich habe mindestens das Doppelte mit. Ich starte vor Ihm, im Glauben, von ihm bald eingeholt zu werden. Doch wiedersehen werde ich ihn erst in Villafranka wieder, zwei Tage später. In Rabanal, 10 Kilometer weiter, hat mein Lieblings-Café erstmals geschlossen. Enttäuscht gehe ich weiter und jausne etwas außerhalb der Ortschaft. Allerdings soll in Foncebadon etwas offen haben, der letzten Ortschaft vor dem Crux de Ferro. Auf meinem Wintercamino 2020 hatte dort damals alles zu.
Es überrascht mich, dass auf dem Weg nach oben nur wenig Schnee liegt und das meist nur in Schattenlagen oder auf der nördlichen Seite. Trotzdem ist es heftig, denn Schnee ist nicht mein Terrain. Da merke ich besonders, wie sehr mir das Gefühl und die fehlende Propriozeption in den Beinen fehlt. Ich trete im Schnee zu hart auf, weil ein anderer Krafteinsatz gebraucht wird, den ich nur selten üben kann. Die Bewegung gleicht einem Betrunkenen, da ich immer wieder wegrutsche und die Kraft nicht richtig dosieren kann.
Aber ehe ich mich versehe, bin ich in Foncebadon. Und wirklich, die Herberge hat offen, aber auch doch nicht. Ich überlege kurz, hierzubleiben, um am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang am Crux de Ferro stehen zu können.
Allerdings verwerfe ich den Gedanken gleich wieder, weil eine Pilgerin vor der Herberge wartet und mir sagt, dass die Wirtin erst wieder in zwei Stunden zurück kommt. Solange möchte ich nicht im Freien warten und entschließe mich für den langen Weg nach Ponferrada und gehe weiter.
Um 13 Uhr bin ich am Kreuz angelangt. Alleine, denn Pierre hat mich noch nicht eingeholt. Ich lasse mir Zeit, denn das Ritual ist mir wichtig, hier einen Stein abzulegen, als Metapher für eine Last, die man ab jetzt hinter sich lässt. Nur der Wind pfeift, ansonsten stört mich kein Geräusch. Ich mache ein paar Fotos, lege mich ins Gras und esse wieder.
Im Sommer spielt es sich hier ab, aber jetzt im Winter, bin ich alleine und genieße es. Obwohl noch über 20 Kilometer vor mir liegen, habe ich keine Eile. Es zählt der Moment und der sagt mir, lass dir Zeit.
Nach einer halben Stunde mache ich mich auf den Weg. Der Herausfordernste Teil steht mir bevor. Die extrem vielen Steine machen den Weg besonders schwer. Viele haben hier zu kämpfen, mir aber gefällt das Terrain, denn hier lernte ich viel in den vergangenen Jahren. Seitdem kippe ich kaum noch um.
Diese Kräftigung im Sprunggelenk hatte ich zu lernen, um nicht dauernd umzukippen, was bei mir ein großes Problem darstellte. Allerdings wurde mit der Stärkung das Roboterhafte Gehen stärker, was ich erst später, mit dem therapeutischen Tanzen, in den Griff bekam.
Geschmeidigkeit und Stärke verbinden, seither sieht es normal aus, wie ich gehe und deshalb sieht man mir fast nichts an. Die Tanztherapie verhilft mir, meine Muskeln, Sehnen und Gelenke elastischer und schonender zu verwenden. Es dauerte lange, bis es so weit war, aber es war der Grundstock dafür, um lange Wanderungen machen zu können. Das hilft mir im Alltag sehr, denn ich kann mich seitdem mehr um den Verkehr in der Stadt oder was ich einkaufe, kümmern.
Früher war die Aufmerksamkeit bei meiner Bewegung und darauf zu achten, nicht umzukippen. Ein riesiger Lebensgewinn.
Abwechselnd zwischen Schnee, Nordhängen und den vielen Steinen, "tänzle" ich nach unten. Kurz nach Mandarin überhole ich eine Pilgerin, die übervorsichtig und langsam dahinschreitet. Ich frage sie, ob es ihr gut geht und ob sie was braucht. Sie sieht abgekämpft und müde aus, was um diese Zeit und in dieser Gegend ein schlechtes Omen ist. Sie verneint aber, was ich ihr aber nicht so recht glaube. In diesem Tempo braucht sie noch lange bis ins nächste Dorf.
Da es mittlerweile schon 14 Uhr ist, wird sie bis zum Anbruch der Dunkelheit unterwegs sein. In diesem nächsten Dorf, in El Acebo, gibt es nur ein teures Hotel, dass offen haben soll. Gut für Wanderer, die es nicht so weit schaffen, aber nichts für meinen doch recht schmalen Geldbeutel. Ich habe zwischen 20 und 30 Euro am Tag, für Nächtigung und Essen, Hotelzimmer sind da nicht drin. Ich gebe der Pilgerin den Rat, auf die Straße zu wechseln, da sie über den Pfad zu langsam vorwärts kommt.
Mein Körper fühlt sich hingegen immer leichter an und die Bewegung auch. Bergab überkommt es mich und ich versuche immer wieder, 20 - 30 Meter zu laufen. Es ist ein so tolles Gefühl, denn die Erschütterung beim Auftreten bewirkt eine elektrische Ladung meines gesamten Körpers. Wie sehr habe ich das vermisst!
Dann noch die letzte Steilstufe und ich stehe in Molinaseca. Da es schon spät ist, verzichte ich darauf einzukehren und gehe weiter nach Ponferrada, in die öffentliche Herberge. Der Hospidalero serviert mir eine selbstgemachte Suppe, mit allem drinnen, was man sich vorstellen kann. Nach 11 Stunden am Weg, eine Köstlichkeit, wie ich sie mir nicht besser vorstellen kann.
Am Abend liege ich im Bett und plane die weitere Strecke. Ich muss mich entscheiden, ob ich am Camino Invernio gehe oder am Camino Frances bleibe. Aufgrund der ungewissen Herbergssituation entscheide ich mich für den Französischen Weg. Im gesamten Jänner waren nur rund 30 Pilger auf diesem Weg unterwegs und auch jetzt sind nur wenige Pilger unterwegs. Die Frage, wieviele Herbergen sind geheizt, möchte ich mir nicht stellen, da ist der französische Weg sicherer. Also weiter, dem Camino France folgen.
In der Herberge lerne ich Frederic aus Tschechien kennen, der mit noch weniger Geld unterwegs ist, als ich. Er ist Yoga-Lehrer und spielt eine Menge Musikinstrumente. Die Unterhaltung tut mir gut mit ihm.
In Ponferrada lasse ich mir Zeit und gehe erst spät los. Nach Villafranka sind es nur 23 Kilometer. Auf dem Weg überhole ich Frederic und wir unterhalten uns, im speziellen über Musik. In einem Cafe lade ich ihn zu einem Kaffee ein und er lernt mir einen Rhythmus, der zwar einfach ist, aber doch wieder nicht für mich. Ich merke, wie sich mein Gehirn anstrengen muss, diesen Rhythmus länger aufrecht zu halten. Eine gute Übung für mein Gehirn und die folgenden Etappen übe ich immer wieder mit meinen Stöcken, am Boden aufschlagend, den Rhythmus.
In der Herberge in Villafranka treffe ich wieder auf Pierre. Ich schlage ihm vor, in C´Obreiro weiterzugehen und in der nächsten Herberge zu Nächtigen. Bis dorthin geht fast keiner weiter und die Herberge dort ist toll. Es ist eine Öffentliche, aber auf dem neuesten Stand. Allerdings gibt es keine offene Bar oder etwas zum Essen, man muss alles selber mitbringen. Wir sind dort dann die einzigen Gäste und haben das Haus für uns. Kein Geschnarche anderer stört uns und wir können seit langem ungestört schlafen. Die paar Kilometer Mehrweg haben sich ausgezahlt.
Am Morgen gehen wir zusammen bis Triacastele, wo wir hervorragend Frühstücken. Hier trennen sich unsere Wege, denn ich gehe nach Samos und möchte im dortigen Kloster nächtigen. Es ist ein Umweg von 15 Kilometer, der es aber wert ist.
Traumhafte verschlungenen Pfade und eine einmalige Natur empfangen mich. Moosbewachsene Bäume und Steine, in allen Grüntönen, lassen mich wie im Paradies sein. Als ich in Samos ankomme, wähne ich mich im Ziel, aber es sollte anders kommen. Der Mann, der die Herberge betreut hat, dürfte gestorben sein, wenn ich es vom Tankwart der Tankstelle neben der Herberge, richtig mitbekommen habe. Die Mönche haben die Leitung übernommen, kommen aber erst am Abend wieder.
Solange möchte ich aber nicht warten und obwohl es schon spät ist, werde ich weitergehen. Um halb vier starte ich in Samos und gehe im Schnellschritt ins 15 Kilometer entfernte Sarria, dass ich eigentlich vermeiden wollte. Ich bin schon nach zweieinhalb Stunden dort und gerate in den Karnevallsumzug. Nach den Tagen in den Bergen ein Kulturschock, mit so viel Pauken und Trompeten empfangen zu werden. Der Fasching ist in vollem Gange und ich habe ihn voll vergessen.
Ich habe mir ein Zimmer genommen und schreibe Pierre, dass ich jetzt doch nach Sarria gekommen bin. Ein paar Minuten später schreibt er zurück und wir kommen drauf, dass wir einander angrenzende Zimmer im gleichen Hotel haben. Wir verabreden uns zum Abendessen, wo wir eine angenehme Unterhaltung führen. Mit einer Person geht es ganz gut, aber mehrere am gleichen Tisch überfordern mich noch.
Die kurze Etappe nach Portomarin ist schwerer als gedacht. "Nur" 25 km, aber die haben es in sich. Allerdings eher mental, als körperlich. Wobei das eine, es mit dem anderen hat. Es ist eine mentale Sache, denn ich bin kaum motiviert und schlendere dahin. Pierre bricht erst viel später auf und berichtet mir in Portomarin, daß es ihm gleich ging. Schwere Beine und kaum offene Cafés, machen es "schwer".
Ich kehre nur in ein einziges offenes Café unterwegs ein und schaue sonst nur, daß ich den Zielort erreiche. Testhalber versuche ich mich zu motivieren und siehe da, es funktioniert. Kaum bekomme ich Spannung in den Körper, sind die Beine ok und das Gehen passt. Ich mag aber nicht und lasse mir Zeit.
Trotzdem überholen ich viele Tagespilger. Es sind Spanier, die das Wochenende nutzen oder in den folgenden Tagen auch nach Santiago gehen. Man erkennt sie an den meist sehr kleinen Tagesrucksäcken, denn der große wird vom Gepäckdienst transportiert. Es sind im Verhältnis bisher sehr viele unterwegs, allerdings sind die öffentlichen Herbergen zum Glück den Pilgern vorbehalten, die ihr Gepäck selbst tragen. So bleibt immer genug Platz.
Mein langer Tag bringt mich bis nach Arzua. Ein Regnerischer Morgen zieht sich durch den Tag. Richtig schön wird es nie und es bleibt kühl. Das motiviert aber zum Gehen und in Bewegung bleiben. Wenn ich daran denke, daß ich vor Jahren noch solche Probleme in der Kälte hatte. Das viele Training und das oftmalige Kneipen im Winter, hat mich daran gewöhnt und es hat sich ausgezahlt, über die vielen Jahre, die Mühen auf sich zu nehmen.
Auf diesem Camino ist es erstmals, eben seit sieben Jahren, dass ich über viele Dinge, unter anderem die Kälte, kaum mehr nachdenken muss. Allein dieser Gedanke lässt mich frei und unbekümmert dahin schreiten.
Eine kurze Etappe bringt mich nach O Pedrouzo. Hier treffe ich mich wieder mit Pierre, der heute seinen langen Tag macht. Seine 50 Kilometer hat er in etwa 6 Stunden zurückgelegt. Da kann er ruhig später aufstehen. Wir unterhalten uns viel über Ausrüstung und deren Optimierung. Das macht mir Spaß, denn in den letzten Jahren konnte ich mich kaum mit jemanden darüber unterhalten oder austauschen und musste alles selbst ausprobieren.
Da Pierre heute seine Wäsche wäscht, leihe ich ihm meine Regenhose zum Einkaufen gehen. Er ist so minimalistisch unterwegs, dass er keine Ersatzkleidung dabei hat.
In der Früh lassen wir uns Zeit und gehen spät los. Es ist Anfangs regnerisch, aber das macht uns mittlerweile nichts mehr. Wir tratschen viel auf dem Weg nach Santiago und erreichen zu Mittag die Kathedrale. Nach 26 Tagen habe ich Santiago de Compostela erreicht und 845 km liegen hinter mir. Regen, Schnee und Sonne waren mein Begleiter und tatsächlich habe ich nur einige Regentage darunter, vor allem am Schluss.
Allerdings habe ich kaum Gefühle oder Emotionen in Santiago. Ich freue mich zwar, aber nicht mehr. Zu sehr fordert mich die große Stadt und Emotionen haben keinen Platz. Am Abend gehen Pierre und ich noch essen und verabschieden uns dann. Es waren feine Tage mit ihm.
Als Resümee vom Weg kann ich bisher ziehen, dass ich alles anders erleben durfte, als bisher. Es stand nicht die Therapie im Vordergrund, sondern erstmals das Leben. Ich hatte mir zwar Aufgaben vorgenommen, sowie die Achtsamkeit beim Gehen, denn die Automatik fehlt eben noch, aber nicht mehr. Jedoch war es eine tolle Erfahrung, dass ich nicht mehr in allem was ich tue, Therapie darin sehe. Das ist ein wichtiges Stück näher zum Leben, dass ich hier erreicht habe und zuhause auch umsetzen möchte.
Einen großen Anteil daran hatte meine Tanz-Therapeutin Hanna Treu, wo ich speziell im letzten Jahr wieder intensiv übte und trainierte und der mein besonderer Dank für die Arbeit mit mir gilt. Ohne Das therapeutische Tanzen wäre viel nicht möglich geworden.
Santiago ist für mich aber nur ein Zwischenziel, denn noch wartet der Camino Finesterre, wobei ich allerdings dieses Mal erst Muxia ansteuern und dann nach Finesterre komme werde. 200 Kilometer, die ich zum Ausklingen nutze werde.
Dazu mehr das nächste Mal.