Das vierte Jahr meiner Rehabilitation steht bevor. Ich habe mich mit meiner Vergangenheit als Energetiker auseinander gesetzt und brauche nichts anderes zu machen, als meinen Energiefluss zu harmonisieren und optimieren.
Mein Bestreben gilt dem, dass ich alles in meiner Macht stehende unternehme, um wieder Harmonie in meinen Körper zu bringen. Im Sport habe ich gelernt, dass viele verschiedene Faktoren den Erfolg bringen, nicht eine einzige. Fragt man einen erfolgreichen Spitzensportler warum er ein Ziel erreicht hat, dann zählt er viele Dinge auf und nicht nur eines, dass er richtig gemacht hat.
Auch mir tut verschiedenes gut, um den Energiefluss wieder zu Harmonisieren. Ein wichtiger Punkt ist die Entspannung. Damit meine ich nicht nur Meditation oder Schlafen. Durch meine Hochsensibilität merke ich sofort, was mir gut tut und was nicht. Ich muss noch das Vertrauen in mich bekommen, auch danach immer zu handeln.
Durch meine Hochsensibilität wird mein Körpersystem schnell überreizt. Mein Ziel ist es, wieder Alltägliches entspannt machen zu können. Meine Reizschwelle gehört wieder hinaufgesetzt. Daher ist Laufen noch nichts für mich. Es stresst meinen Körper, tut nicht gut und erschöpft mich.
Den Energiefluss richtig hinzubekommen, erfordert viel Arbeit. Viel Ruhe und genau dosiertes körperliches Training sind Grundvoraussetzungen. Einerseits lässt mich die Hochsensibilität viel wahrnehmen, andererseits setzt sie den Körper unter Stress, an dem ich mich in kleinsten Schritten wieder gewöhnen muss.
Spazierengehen im Wald ist gut dafür geeignet, den Energiefluss wieder herzustellen. So wie beinahe alles, was mit der Natur zu tun hat.
Im Gegensatz zum Laufen, ist Pilgern genau meine Geschwindigkeit. Durch unzählige Stunden Gehen, in einem Bereich, der mir guttut, bringe ich Entspannung in meinen Körper. Optimal für den Energiefluss. Alles zu schnelle bringt mir nichts, erschöpft mich und kostet mir wertvolle Tage, bis ich wieder in einem entspannten Zustand bin.
Es hilft mir Autobiografien zu Lesen, von Menschen denen Ähnliches passiert ist. So kann ich es besser verstehen lernen, was mir passiert ist. Viele Erinnerungen aus der Zeit im Krankenhaus kommen heute noch hervor. Ich muss sie dann schnell aufschreiben, weil ich sie aufgrund meines fehlenden Kurzzeitgedächtnis sonst wieder vergesse.
Das neueste Buch handelt von Paul van Dyk, der nach einem Sturz auf der Bühne Schäden am Gehirn erlitt und die Wirbelsäule angebrochen hatte. Es wird mir zum ersten Mal bewusst, wie schwer die Folgen meines Hirnabszesses sind und wie lange ich um jeden Schritt kämpfe. Die 150 Tage im Spital werden mir immer mehr bewusst.
Solche Bücher, wie auch die von Monica Lierhaus und Gela Allmann zeigen mir wie wichtig es ist, Menschen um sich zu haben, denen man vertraut. In der Genesung spielen Beziehungen eine große Rolle, besonders die Beziehung zum Arzt oder Therapeuten. Nur im Zustand des Vertrauens gibt es Heilung.
Erwähnen möchte ich auf jeden Fall auch den Kinofilm "Das zweite Leben des Monsieur Alain". Der Film überraschte mich positiv, erzählte er doch auf gute Weise, wie ein Manager nach einem Schlaganfall zurück ins Leben findet. Dass darin auch der Jakobsweg eine Rolle spielt, machte den Film für mich noch interessanter.
Er zeigt recht gut auf, wie sich Wortfindungsstörungen und Lähmungen auf das Leben auswirken. Meine Aufgabe besteht ja darin, immer öfter etwas für mich selbst zu tun und nicht nur aus therapeutischen Gründen. Dazu verwende ich gerne ins Kino zu gehen. Kleine Kinos mit wenig Zuschauern sind mein Ziel und manchmal weiß ich gar nicht, was mich für ein Film erwartet.
Ja, der Weg dauert lange. Wie lange, wird mir immer bewusster. Auch die Schwere der Krankheit verstehe ich immer besser und warum es so lange dauert. Ich kann und darf mich nicht mit anderen vergleichen. Jedes Hirnabszess ist anders. Je nachdem wo es sitzt, sind verschiedene Stellen im Körper betroffen.
Bei mir saß es am Thalamus, dadurch hatte ich vielfältige Ausfälle, die dementsprechend langwierig zu behandeln sind. Nach dreieinhalb Jahren ist es noch wichtig, mir die Zeit zu geben, die ich brauche. Es ist eine langwierige Arbeit, den Energiefluss wieder herzustellen. Körperliche Arbeit und Arbeit am Geist sind unumgänglich.