Die letzte Woche war sehr abwechslungsreich. Herkömmlichen Therapien wie Krafttraining, Gehirntraining, Elektrotherapie und koordinatives Training, stehen alternative Heilmethoden, wie "Waldbaden", Tautreten und Meditation gegenüber.
Manches ist neu gekommen, vieles übe ich schon länger aus. Zwei recht einfache Methoden, die nicht nur bei Krankheit gut sind, möchte ich heute vorstellen.
Mein Fulltime-Job besteht darin, alles mir mögliche für meine Rehabilitation und Genesung zu tun. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Natürlich nicht die ganze Zeit über, aber doch die meiste. Es bleibt mir auch gar nichts anderes übrig. Denn diesen Zustand kann ich nur begrenzt lange durchhalten.
Mich um Familie und Beziehung zu kümmern, ist auch Therapie. Es gibt in diesem Sinne kein "normales" Leben derzeit für mich. Alles, jeder Handgriff wie auch das tägliche Leben, ist Therapie. Ich kann es nur annehmen und es ist nun einmal so, wie es ist.
Meine Einsatzfähigkeit ist noch immer zeitlich beschränkt und ich muss mir die Zeit genau einteilen, für was ich meine Energie verbrauche. Habe ich einen gewissen Punkt überschritten, geht nichts mehr.
Einen (Trainings-) Plan habe ich derzeit nicht, denn ich muss mich nach meinem Befinden richten. Es gibt eine Auflistung der Dinge die mir helfen und wie oft ich sie in der Woche anwenden soll. Daraus ergibt sich dann ein Zeitplan, denn ich einzuhalten versuche. Ich möchte möglichst viel unterbringen, es bleibt aber beim Versuch. Zu oft passiert etwas Unvorhergesehenes, dass alles durcheinander wirft.
Einen Fixpunkt stellen die herkömmlichen Therapien und Übungen dar. Derzeit ist das Fitnessstudio ein solcher, etwa zwei- bis dreimal mal die Woche. Meine Skelettmuskulatur muss aufgebaut werden, denn ohne die geht gar nichts. Da ich mich noch nicht so belasten kann, gehe ich eben mehrmals die Woche und arbeite moderat.
Kurzfristige Demotivation brachte die Physiotherapeutin, die mich Anfang des Jahres bei der Behandlung verhaute. (Hier geht es zum Bericht)
Ich arbeitete bereits über ein Jahr an meiner Rehabilitation, inklusive Krafttraining und sie meinte nur: "Da ist ja keine Muskulatur am Rücken, da müssen sie unbedingt was machen!". Sie begriff anscheinend nicht, dass ich absolut bei null begonnen habe und es noch lange dauern würde, bis ich einigermaßen stabil bin. Ich tat mich damals noch schwer mit Denken, aus diesem Grund traf es mich stark, hatte ich ihr bei der Aufnahme doch gesagt, worum es geht.
Dehnen und Bodenübungen sind ein weiteres, was ich im Studio gut abarbeiten kann, weil ich motivierter bin. Rund um dieses Gerüst baue ich dann meine alternativen Heilmethoden ein.
Allerdings, mein "Denken" wird nur langsam besser, das beeinträchtigt natürlich vieles. Der Wunsch vieler, dass ich "normal" funktioniere, ist da. Allerdings ist es, wie es ist. Ich darf mir keinen Druck machen, anderen zu entsprechen und funktionieren zu müssen.
Der Thalamus-Abszess beeinträchtigte die Schaltzentrale für Wahrnehmung und Bewegung. Einerseits wurde das Zentral-Nervensystem für die Bewegung beschädigt, was heißt, dass ich alle Bewegung neu lernen muss und noch. Andererseits ist auch meine Wahrnehmung betroffen, ich sage immer "mein Denken" dazu.
Speziell ist das Kurzzeitgedächtnis betroffen. Ich versuche es durch Denkaufgaben und mit einem Computerprogramm zu verbessern. Spezielle Nahrungsergänzungen sind Bausteine, die Synapsen und die Funktion des Gehirns wieder herzustellen.
Ein wichtiger Punkt wurde für mich der Wald. Schon lange bevor ich den Begriff "Waldbaden" hörte, nutzte ich ihn für mich. Die Farbe Grün und die Stoffe des Waldes und der Bäume, die sogenannten Terpene, haben einen guten Einfluss auf mich. Waldbaden wurde in letzter Zeit immer bekannter. Immer öfter sind dementsprechende Artikeln in diversen Zeitschriften zu lesen.
Der Wald ist wie eine Aromatherapie. Wir atmen die ätherischen Öle ein, welche die Bäume in die Luft abgeben. Viele Zustände verringern sich, wie Angstzustände, Depressionen und Wut. Für mich das wichtigste, Stresshormone werden abgebaut.
Der Wald wirkt auch wie ein Antidepressivum. Grünflächen haben einen beruhigenden Effekt auf mein Gehirn. Bäume tun besonders gut. Wie sagte der Schriftsteller und Arzt, Anton Pawlowitsch Tschechow:
"Die Natur ist ein sehr gutes Beruhigungsmittel."
In der Tat, der Wald beruhigt. Der Begriff "Waldbaden" beschreibt es sehr gut. Man badet in den Farben, Gerüchen und Lauten des Waldes. Ich gehe auf schmalen Pfaden zwischen den Bäumen, setze mich hin, lausche den Geräuschen um mich herum und nehme die Gerüche wahr. Der Wald lässt mich eintauchen und seine Hilfe annehmen.
"Alle ausgewachsenen Bäume sind imstande, Harmonie zu übertragen, wenn das Nervenzentrum an den Stamm gelehnt wird"
Paulo Coelho, Der Jakobsweg
Es reicht, langsam durch den Wald zu gehen. Man braucht keinen Sport zu betreiben oder zu glauben, sich anstrengen zu müssen. Genuss ist hier gefragt, den wir uns oft versagen. "Ich habe keine Zeit", ist die Ausrede der Stunde, man hört es immer wieder.
Ich setze mich oft an einen Baum und lehne mich dagegen. Manchmal umarme ich auch einen. Ich fühle mich dann besonders geerdet und spüre, wie sich die Nervenbahnen mit dem Baum verbinden.
Die Farbe Grün hat mich schon im Krankenhaus angezogen. Ich ließ mich in den Aufenthaltsraum bringen und schaute auf den nahen Wald. Es wurde gerade Frühling und ich konnte mich nicht satt sehen an den Grün-tönen. Es war fast nicht zum Aushalten und ich fühlte mich eingesperrt. Es sollte noch Wochen dauern, bis ich das erste mal ins Freie durfte.
Das Tautreten ist eine weitere Methode, die ich für mich entdeckte. Mein Gefühl in den Füßen ist gestört, durch die Beschädigung der Nervenbahnen. Ich kann gehen, ich spüre den Boden, habe aber kein Gefühl für die Bewegung. Bodenunebenheiten sind eine Herausforderung. Schiefe oder seitlich abhängende Wege muss ich sehr bewusst angehen.
Jeder abweichende Winkel der Füße muss bewusst gedacht werden. Denke ich nicht, ist stolpern oder schlenkern der Beine die Folge. Wie betrunken torkle ich dann, falle im schlimmsten Fall hin. Tautreten kann mir helfen, wieder mehr Gefühl in die Füße zu bekommen. Das Immunsystem wie auch die Fußmuskulatur und das vegetative Nervensystem werden gestärkt und außerdem die Fußreflexzonen aktiviert.
Zwei, drei Minuten, am besten täglich, reichen dafür, den Boden und den Tau spüren. Danach ziehe ich die Socken wieder an, ohne mich abzutrocknen und schlüpfe in die Schuhe. Ein gutes Gefühl macht sich breit.
Außerdem habe ich mir angewöhnt, immer wieder ohne Schuhe zu gehen. Meine gesamte Muskulatur im Körper hat gelitten. Barfuß gehen ist somit förderlich für mich. Denn auch das Gehen wird damit geschult. Ich muss allerdings aufpassen nicht zu lange Barfuß zu gehen, um Verspannungen oder Muskelkater zu vermeiden. Jede Veränderung nehme ich extrem wahr. Somit ist auch ein langsames Angewöhnen daran notwendig.
Ich aktiviere damit meine Akkupunktur-punkte, was wiederum förderlich ist, für das Gefühl in den Füßen. So geht Tautreten und Barfuß gehen Hand in Hand.
Diese zwei Hilfen habe ich für mich gefunden. Fast alle meine Therapien und Übungen habe ich aber auch schon früher gemacht. Stabilitätsübungen zum Beispiel war für das Trailrunning Pflicht. Heute ist es ein wichtiger Teil des Ganzen. Keine Aufwendigen, das einfachste ist im Moment gut genug.
Mein fehlendes Kurzzeitgedächtnis lässt mich die Übungen immer vergessen. Dafür habe ich spezielle Karten als Vorlage. So vergesse ich keine Übungen.
Gehirntraining sollten ebenso immer wieder gemacht werden, nicht erst im Bedarfsfall. Ein Computerprogamm hilft mir dabei mit einfachsten Übungen. Im ersten Moment als ich es sah, dachte ich nur: "Oh Gott, das ist ja für Volksschüler!". Jetzt, ein Jahr später, übe ich noch immer mit diesen Spielen und es ist noch immer eine Herausforderung.
Der Spaziergang im Wald gehört mittlerweile für mich zum Leben und nicht erst dann, wenn man nicht mehr auskommt.
Was ich auch gerne mag sind Tibetische Weisheiten, zusammengefasst von Drukpa Rinpoche. Es sind wahre Worte, die wir aber nicht immer leben können, so gerne wir das auch täten. Ein Spruch ist mir besonders in Erinnerung geblieben:
"Hüte dich vor negativen Gedanken, denn sie greifen Körper und Geist an. Sie sind die ersten Symptome des Übels. Heile deinen Geist, wenn du deinen Körper heilen willst. Schule dich in positiven Denken, selbst in den Prüfungen deines Lebens."
Diese Worte sagen viel. Die Kraft der Gedanken machen einen wesentlichen Teil meiner Rehabilitation aus. Es ist in schwierigen Phasen oft nicht einfach positiv zu bleiben. Man verfällt leicht ins Jammern und wählt Worte, die negativ behaftet sind. Wie sagte schon die Bibel: "Dir geschehe nach deinem Glauben!"
Diesen Glauben heißt es immer wieder zu überprüfen und dazu gehören die Worte. Wie spreche ich über was oder wie denke ich über etwas? Aus diesem Grund mache ich auch im Moment beim Jammerfasten von Peter Beer mit.
In meinem Fall zum Beispiel die Krankheit oder eben in all den Dingen, wo ich Prüfungen unterzogen werde. Kann ich ruhig bleiben und bin ich mir meiner Gedanken dazu bewusst? Oder jammere ich und schimpfe?
Es ist manchmal eine Herausforderung. Gerade die Steuerung meiner Emotionen sind durch den Thalamusabszess in Mitleidenschaft gezogen worden. Ich muss immer innerlich nachfragen, was ist jetzt angebracht. Dazu achte ich auch auf die Worte.
Im ersten Jahr nach der Krankheit reagierte ich auf Vorkommnisse gleich mit Hundert. Ich stand oft neben mir, beobachtete mich selbst und fragte mich, was und wieso ich das mache. Darum ist das bewusst werden, wie ich reagiere, ein wichtiger Bestandteil. Nicht gleich zu reagieren, sondern es anzuschauen, was macht es mit mir und nach einiger Zeit wird es klarer.
Habt ihr das eine oder andere in euer Leben bereits integrieren können? Wenn nicht, dann ist immer Zeit für einen Anfang. Man braucht nicht so krank werden wie ich, damit man damit anfängt. Man bekommt nicht gleich die Belohnung, aber im Alter erhalten wir sie. Dann sind wir dankbar dafür.
Wenn ihr Ideen habt oder auch etwas macht, dass mir helfen könnte, lasst es mich wissen! Da ich noch nicht alles denken kann, bin ich auf Denkanstöße von Außen angewiesen und dankbar dafür!