Die letzten Wochen habe ich es ruhiger angehen lassen müssen, denn meine Rehabilitation ist ins Stocken gekommen. Zum ersten Mal seit 5 Jahren ging es in die andere Richtung, nämlich bergab. Ein Nierenstein sollte mich auf eine harte Probe stellen.
Auf meinem imaginären Himmel und Hölle Spiel, fiel ich auf unter drei und damit so tief wie schon lange nicht mehr. Zur Erinnerung, dieses Kinderspiel geht von 1 bis 10, anhand dieser Zahlen ich meinen Gesamtzustand bewerte.
Mit dem Camino im Winter 2020 bewegte ich mich erstmals auf der 4, mit Tendenz zur 5. Die Corona-Pandemie ließ mich kaum mehr über die 3, nur in Ausnahmefällen, wie dem Walkabout, wo ich auf die 4 zuschreiten konnte. Corona brachte insgesamt eine Stagnation und eher Abstieg.
Nur mein jahrelanges Training, das viele Gehen und Üben bewahrte mich vor Übleren. Schon lange ist es mein (Zwischen-)Ziel, auf über 50 % meiner Leistungsfähigkeit zu kommen, denn dann kann ich Rückschläge leichter verkraften.
Der Nierenstein hat mir tagelang mit seinen Koliken Schmerzen bereitet, mein Körpersystem durcheinander und den Großteil meiner Energie verbraucht. Ich lag auf etwa 35 %, aber die Nierensache brachte mich zurück auf 20 %. Es heißt jetzt zunächst wieder alles bisher erarbeitete zurückzugewinnen, was aber Wochen dauern wird.
So konnte ich sehen, dass mir mein vieles Training etwas brachte. Ich möchte gar nicht daran denken, wenn mir das auf Stufe 2 oder mit 20 % Leistung passiert wäre. Mit 10 % wäre ich ein Pflegefall.
Für einen Tag fand ich mich im Krankenhaus wieder, bis abgeklärt war, wie viele Steine oder wie groß der Stein war. Es war zum Glück nur einer, in der Größe von etwa 3 mm und sollte innerhalb einer Woche abgehen.
Bis es allerdings so weit war, standen mir einige Koliken bevor, die mich extrem forderten. Zu alldem kamen viele Traumen hoch, die ich bisher nicht verarbeiten konnte. Speziell mehrere Flashbacks bei der Blutabnahme und dem CT waren belastend. Es war aber auch eine gute Gelegenheit, damit umgehen zu lernen und zu erkennen, wo ich noch Schwachstellen habe.
Noch wichtiger war aber, die geistige Bedeutung von Nierensteinen zu erkennen. Sie bedeuten überlebte Themen oder versteinerte Emotionen, die den Fluss der Entwicklung blockieren. Seelische Themen versteinern und werden chronisch. Wer kennt nicht die Bibelstelle von Loths Frau, die sich umwandte (zurückschaute) und zur Salzsäule erstarrte. Sie war nicht nach vorwärts gewendet und damit im Fluss des Lebens.
Dieses Versteinern haben auch Nierensteine und damit sind rückschauende Themen gemeint, die noch nicht endgültig gelöst sind. Der Organismus möchte sie unter Geburtsähnlichen Schmerzen loswerden, quasi den Stein gebären. Für mich bedeutet das, diese Themen wieder in Fluss zu bringen, um sie seelisch endlich abzuschließen. Es gibt eben immer was zum Dazulernen und die Nierensteine zeigen mir sehr gut auf, wo ich hinschauen soll.
"Konsequent werden, statt zu versteinern."
...ist ein passender Spruch dazu!
Seit fünf Jahren befinde ich mich jetzt in Rehabilitation und ich hatte noch nie einen so starken Rückschritt, wie jetzt. Die Koliken kosten viel Energie, und durch die Muskelschwäche konnte ich mich bald von einer bis zur nächsten Kolik, nicht mehr erholen. Hüpfen oder Stiegen steigen helfen, aber meine Kraft reichte dazu nicht aus.
Nach einer Woche ging der Stein endlich ab, aber noch war ich nicht schmerzfrei. Durch die Belastung, ich windete mich in Koliken vor Schmerzen im Liegen, war meine sowieso geschwächte Rückenmuskulatur beleidigt und ich habe mir kurzerhand das Kreuz verrissen.
Also war viel Ruhe geben angesagt, neben meinen Therapiemöglichkeiten zu Hause. Ich musste trotzdem in ausreichender Menge versuche in Bewegung zu bleiben und optimale Balance in allem zu finden. Lichttherapie, medizinische Rüttel-Maschine und Entgiftung standen am Programm. Nach zwei Wochen konnte ich wieder mit vorsichtigem Gehen beginnen. Da merkte ich, dass meine Propriozeption besonders darunter gelitten hat.
Zu spüren, wo der Körper endet, bekam wieder mehr Bedeutung. Besonders beim Stiegen steigen merkte ich die verschlechterte Tiefensensibilität oder beim Bergauf gehen. Ich hatte das Gefühl für Stiegen steigen oder der Steilheit des Weges und welchen Krafteinsatz ich dafür benötige, um aufzutreten, verloren zu haben.
Ich kann zwar gehen, aber ich muss aufpassen, denn Fuß vorsichtig hinzusetzen und mir das Hinklatschen abgewöhnen. Es war wie am Anfang, wieder Gehen zu lernen.
Wenigstens passte die Sauerstoffsättigung, der Ruhepuls war aber wieder zu hoch.
Langsam und vorsichtig taste ich mich wieder heran, wobei ich mir bereits gekonntes wieder neu erarbeiten muss. Zunächst heißt es Kraft wiedergewinnen und die Langsamkeit fördern und beachten. Werde ich zu schnell, habe ich kein Gefühl für den Krafteinsatz und trete zu hart auf. Die Knochen und Fußgelenke leiden dann darunter. Ich darf also weicher mit mir umgehen.
Besonders die Wahrnehmung hat gelitten, beim automatischen Gehen im Gelände merke ich es besonders. Achtsamkeit ist das Gebot der Stunde. Der Körper ist ein Fenster zur Seele und das kann einfach, aber auch sehr komplex sein. Meines ist derzeit aus den Fugen geraten und ich habe mein Wohlergehen dahingehend zu fördern. Hand in Hand, Körper und Geist zusammen, kann mir dieses bringen.
Vertrauen in mich zu haben ist wichtig und auch auf mich zu hören. Mein Körper sagt und zeigt mir, was mir guttut. Das Leben ist Bewegung und deswegen tut mir das körperliche Bewegen in der Natur so gut, weil damit auch mein Geist gefördert wird. Das therapeutische Tanzen ist mir eine große Hilfe.
Was mir damals schon geholfen hat, wird mir auch heute helfen. 2018 habe ich notiert:
"Man kann meine Gedanken nicht operieren, ebenso nicht die neurologischen Fähigkeiten. Ich kann dabei ausschließlich auf die Kraft des Geistes setzen. Der Geist heilt den Körper. Mich wieder ins normale Leben integrieren, das eigene Glücklichsein dabei, ist das Ziel."
Auszug aus meinen Handgeschriebenen Aufzeichnungen 2018
Eine weitere Aufzeichnung aus dem Krankenhaus 2016 zeigt mir, was ich bis heute bereits erreicht habe. Es tut gut, das zu lesen, denn es beruhigt. Es ist noch vieles nicht wiederhergestellt, aber bereits trotzdem so viel erreicht. Das muss ich mir immer wieder bewusst machen, dann verlieren Rückschläge an Bedeutung.
Denn ich bin nur so gut, wie an meinem schlechtesten Tag, nicht der beste darf der Maßstab sein. Damals im Krankenhaus brauchte ich Wochen, bis ich mich überhaupt aufsetzen konnte.
"Aufsetzen probieren. Ich zwinge mich, nicht in Ohnmacht zu fallen. Diese Mobilisation bekommt niemand aus meinem Umfeld mit, weder Ärzte, Krankenschwestern, noch meine Familie. Ich übe es immer und immer wieder im Geheimen."
Auszug aus meinen Handgeschriebenen Aufzeichnungen im Krankenhaus 2016
... und gegebenenfalls anpassen!
Wenn alles klappt, werde ich noch im März Pilgern gehen. Wenn ich an meine Jakobswege zurückdenke, hatte ich dort meine größten Fortschritte gemacht. Das ist genau das, was ich jetzt brauche.
Die Situation erinnert mich an meinen ersten Jakobsweg 2018. Alles sprach damals dagegen, dass ich fahren sollte oder besser gesagt, überhaupt könnte! Ich habe meinem Gefühl vertraut und bin nicht enttäuscht worden. Dasselbe werde ich auch jetzt machen. Wenn mir mein Gefühl positive Zeichen gibt, werde ich nach Spanien fahren!
Mehr dazu in ein paar Tagen, wie ich mich wohl entscheiden werde?
Hallo Jörg,
das hast Du gerade noch gebraucht! Ich hoffe, jetzt geht es dir wieder besser. Deine Gedanken zum Nierenstein gefallen mir sehr gut, das mit den versteinerten Emotionen ist ein toller Ansatz, um mit so einem Luder in Kontakt zu treten.
Liebe Grüße und hörst du manchmal den Lochruf des Cappuccino? Wir haben da noch ein Treffen offen
Liebe Grüße und weiter alles Gute
Hallo, danke!
Mit dem Luder hast du recht, diese können aber gute Hinweise sein, wo ich noch hinschauen sollte. Der Schmerz zwingt einen eh dazu.
Cappuccino klingt gut, habe aber nur am Montag Zeit, wo ich zu Fuß von der Therapie, in Gratwein vorbeikomme. Ende der Woche geht's dann (wahrscheinlich) bis Anfang Mai zum Camino in Spanien.
LG Jörg