Camino Portugiese 2023, die Extrameile - Teil 1

29. April 2023
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11 Minuten Lesezeit

Camino Portugiese 2023, die Extrameile, erster Teil, von Lissabon nach Porto

Die Extrameile einlegen, mache ich seit dem Hirnabszess immer wieder. Diesmal sollte der Camino Portugiese diese Extrameile werden. Egal was ich seit dem Hirnabszess machte, ich tat einfach ein bisschen mehr. Ich reize immer wieder mein Limit aus, denn nur so kann ich es immer weiter hinausschieben.

Anfangs war es nicht schwer war, ans körperliche Limit zu gelangen, denn das lag bei 15 min. am Tag auf der Intensivstation und später bei 30 min. auf der Reha-Station. Es brauchte Monate bis Jahre, bis mehr möglich wurde. In ganz kleinen Schritten und die meist immer am Limit, konnte ich es steigern. Heute, sieben Jahre später, hänge ich nach dem Camino France noch den Camino Portugiese dran, es sollte meine Extrameile werden.

Das bedeutet, nicht den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, sondern sich auch mit den Hindernissen am Weg auseinanderzusetzen. Man gibt damit einer bestimmten Sache den Wert, die sie für einen hat. Der Unterschied liegt darin, etwas nicht nur zu versuchen, sondern etwas WIRKLICH zu wollen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Denn wieviel ist man WIRKLICH bereit zu geben? Ich wollte wieder Gehen lernen, egal wie und wie lange es dauern sollte. Ich wollte wirklich alles dafür geben!

Aber wo ist meine Krankheit zu Ende und wann fängt Gesundheit an?

Krankheit ist der Beginn der Heilung und der Weg zur Gesundheit beginnt. Auch mit meinen Handicaps und Defiziten ist ein gesundes Leben möglich und es ist wichtig, noch in der Krankheit Gesundheit zu leben. Materie folgt der Aufmerksamkeit, also beschäftigte sich mein gesamtes Ich und mir mögliches Denken mit Gesundheit.

Auf dieser Pilgerreise war allerdings so vieles anders, als auf allen meinen Caminos zuvor. Zum ersten Mal wollte ich am Jakobsweg nichts verbessern oder therapieren und diese Einstellung zog sich auch am Camino Portugiese fort.

Seit Jahren versuche ich ins Leben zu kommen und nicht in allem Therapie zu sehen. Die Defizite begleiten mich täglich, trotzdem gibt es auch ein Leben mit diesen Handicaps und nicht nur Therapie. Da einen Unterschied zu machen, war mir bisher kaum möglich.

Meine schlechten Phasen oder zumindest die nicht so Guten, die sieht ja niemand. Genausowenig wie die vielen Stunden hinter dem Computer mit Trainingsprogrammen für das Gehirn, das Stretching, Kraft- und Gleichgewichtstraining oder das geistige Arbeiten. Dieses Chaos in meinem Kopf bekomme ich manchmal kaum in den Griff und das ist eben nicht für jeden Sichtbar. Das sind eben die unsichtbaren Behinderungen, die kaum wer sieht und die von außen kaum wer sieht.

Gesundheit zu leben, war mir schon immer wichtig und das hilft mir heute, meine Defizite und Handicaps immer besser in den Griff zu bekommen. Kann ich dann über einen längeren Zeitraum gehen, ist mein gesamter Organismus nur mit lebensnotwendigen Dingen beschäftigt. Allerlei Randgetöse von zu Hause fällt weg. Dabei bleibt mehr Energie für die nicht so gut funktionierenden Sachen übrig, die vor allem das Gehirn betreffen. Achtsamkeit zu entwickeln, ist für mich eine lebensnotwendige Sache.

Normalerweise liegt der Energieverbrauch des Gehirns bei etwa 20%, bei mir höher, da einige Bereiche zerstört sind und das Umgehen viel Kraft erfordert. Daher ist mein Gehirntraining auch so anstrengend, wie zum Beispiel Krafttraining.

Bin ich zum Beispiel am Jakobsweg unterwegs, fallen viele Anforderungen von zu Hause weg und ich kann mich auf mich selbst und mein Gehirn, immer im Hier und Jetzt, besser konzentrieren. Deswegen geht es mir am und kurz nach dem Jakobsweg auch so viel besser. Meist  solange, bis diese anderen Anforderungen wieder da sind.

Im Laufe dieses Camino Portugiese sind so viele Dinge passiert, im Positiven wie im Negativen. Einige Tage vor Ende bekam ich es mit einem Todesfall in der Familie zu tun, dem ersten seit dem Hirnabszess 2016. Mein Gehirn ist bis heute damit beschäftigt, es zu verarbeiten.

Der Verstand versteht es, allerdings macht das Herz Probleme. Emotionen und Gefühle, wie Trauer, sind mir noch immer nur sehr schwer möglich, wenn nicht unmöglich. Irgendwas ist in mir, dass mich davor schützt, wenn zu viele Dinge auf mich einprasseln. Da heißt es dann aufpassen und akzeptieren, dass es so ist und nicht darüber nachdenken, denn das darüber Grübeln lässt mich nicht Weiterkommen und ist kontraproduktiv.

Auf nach Lissabon!

Jetzt aber zum Camino Portugiese. Ich nutze die Chance, in Santiago zu sein, um nach Lissabon zu gelangen, um den Camino Portugiese in seiner ganzen Länge zu gehen, nicht nur von Porto aus, so wie es die meisten tun. Von Zuhause aus würde ich nicht so weit fahren, denn Lissabon ist mit dem Bus fast 50 Stunden entfernt, das wäre zu weit für mich. Deshalb war der Camino Portugiese auch noch nie ein Thema und ich wollte die Gunst der Stunde nutzen.

Bereits am nächsten späten Nachmittag bin ich, von Finesterre kommend, in Lissabon am Busbahnhof und durchquere die Stadt, um zur Herberge zu gelangen.

Immer wieder habe ich Probleme damit, an Menschengruppen vorbei- oder durch sie hindurchzugehen. Nach dieser langen Zeit in der Natur stresst es mich, so viele Menschen auf einem Platz zu sehen. Überall wird gefeiert und die Straßen sind voll. Was ich nicht bedacht habe ist, es ist Freitag und es geht rund in der Stadt.

Dazu sind die Gehsteige sehr schmal und die Autos fahren knapp an einem vorrüber. Bei der Herberge angekommen, ist sie geschlossen. Damit habe ich nicht gerechnet. Sie liegt nahe am Weg und wäre ideal, um am nächsten Tag zu starten. Es ist bereits sieben Uhr am Abend und mittlerweile finster. Im Urban Garden Hostel finde ich dann Unterschlupf, muss aber deswegen wieder durch die gesamte Innenstadt.

Mit vier Algeriern am Zimmer, komme ich dort kaum zum Schlafen. Bis drei Uhr früh geht dauernd das Licht an und aus oder es geht jemand aus dem Zimmer oder kommt. Ich stehe deshalb um halb sechs Uhr auf, mache Licht, packe mein Zeug zusammen und gehe los. Ich kümmere mich nicht darum, leise zu sein, denn um mich hat sich auch niemand gekümmert. Diese Schroffheit und Direktheit ist eine Folge des Hirnabszesses, es gibt kein dazwischen. Das wird mich diesmal noch öfter begleiten.

Ich möchte nur mehr weg aus der Stadt. Im aufkommenden Samstag ist es noch ruhig in der Stadt und mein Weg führt mich zunächst durch die Luxus Einkaufsstraße der Stadt. Wahrscheinlich kostet eine Handtasche dieser Luxusmarken so viel, wie meine gesamte Ausrüstung, die ich mit mir führe. Welch verrückte Welt!

Trotzdem bin ich wahrscheinlich glücklicher als viele, die diesen Wert brauchen und ihr Glück davon abhängig machen. Ich habe nichts, außer dem Zeug in meinem Rucksack und ich brauche auch nicht mehr. Einige Fotos mache ich noch und dann nichts wie raus aus der Stadt. Die berühmten Straßenbahnen habe ich bereits gestern gesehen und damit auch Lissabon. Für mehr, wie Museen oder Galerien, wäre ich nicht tauglich, da reicht mir oft schon ein kurzer Aufenthalt und ich sehne mich wieder nach dem Trail, dem Wald und der Einsamkeit.

Auf dem Weg zur Kathedrale setze ich mich in eine Bar und frühstücke. Langsam erwacht die Stadt. Im ersten Morgenlicht komme ich zur Kathedrale, die in der Nähe des Meeres liegt, mache ein Foto und gehe los.

Der erste Teil, von Lissabon nach Porto

Den Camino Portugiese werde ich in zwei Teilen schreiben, da meine Konzentration nicht für einen längeren Bericht reicht. Daher behandle ich zunächst einmal nur den Teil bis Porto.

Gleich die ersten Meter geht es über das portugiesische Pflaster, dass mich immer wieder begleiten wird. Es schaut zwar schön aus, macht das Gehen für mich aber schwierig. Es ist praktisch in jeder Ortschaft anzutreffen, in all seinen Varianten und es gibt kaum einen nicht gepflasterten Gehsteig.

Für mich weniger gut, denn an Pflastersteine konnte ich mich noch immer nicht gewöhnen. Das Nicht-Spüren der Stellung der Gelenke ist auf Pflasterwegen so viel ausgeprägter, als auf allen anderen Untergründen. Ich gehe steif, wie ein Roboter, darüber, um nicht umzuknicken. Ich fühle mich wie beim Radrennen Paris-Roubaix, alle paar Kilometer sind Abschnitte mit Pflaster.

Als Radrennfahrer war ich einmal auf der Titelseite einer belgischen Tageszeitung bei der Belgien Rundfahrt, auf einem gepflasterten Anstieg. Ich liebte das früher und fühlte mich wohl. Mit ein Grund, warum ich wieder einigermaßen gehen kann, weil ich seit jungen Jahren eine besonders gut entwickelte Propriozeption hatte.

Belgien Rundfahrt 1992

Allerdings habe ich über den Abschnitt von Lissabon nach Porto nicht viele gute Meinungen gehört, das möchte ich aber selbst erfahren, ob es so ist und warum. Gehen tue ich sowieso überall und habe, trotz oft Widrigkeiten, meine Freude daran, die mir keiner und nichts nehmen kann.

Zu einem Land gehören außerdem nicht nur die schönen Seiten, sondern auch die weniger Guten, um es besser erleben und beurteilen zu können. Erstmals kann ich auch diese Seiten einer Reise intensiver kennenlernen. Es brauchte sieben Jahre dazu, deswegen hat sich der Aufwand der letzten Jahre auch gelohnt.

Autofahrer in Portugal...

...sind ein eigenes Kapitel. Ich komme ja nach einem Monat am Camino France direkt nach Portugal. Portugal und Spanien habe ich in irgendeiner Weise bisher immer als dasselbe gesehen, vor allem in der Mentalität dachte ich mir, gibt es kaum einen Unterschied.

Diesmal lerne ich aber den Unterschied zu Spanien wirklich kennen und das beginnt mit den Autofahrern. Sind Pilger in Sicht, wird in Spanien das Tempo verringert und die Pilger in möglichst weitem Bogen umfahren. Oft wird man aus dem Auto winkend oder hupend mit einem Gruß bedacht.

Anders in Portugal, zumindest auf der Strecke von Lissabon nach Porto. Nach den ersten zwei, drei Tagen der Beobachtung, kam mir meine Lernaufgabe mit dem Hirnabszess in Erinnerung.

"Lernen, mit seiner Aggression umzugehen!", steht an vorderster Stelle.

Damit konnte ich hier beginnen, denn das gilt für 3 von 5 Autos. Zunächst einmal verringert kaum ein Auto seine Geschwindigkeit wegen eines Pilgers. Dazu fahren sie sehr knapp an einem vorbei, auch wenn viel Platz auf der Straße war. Ich merkte bald, dass sich manch einer einen Spaß daraus machte, Pilger damit zu erschrecken.

Für mich weniger gut, weil so sehr ich mich bisher in allen Belangen verbesserte, hier komme ich an meine Grenzen der Propriozeption. Gerade knapp vorbei rasende Autos kann ich nicht schnell genug einschätzen und kosten mich viel Energie.

Eigentlich hilft oft nur der Schritt in den Straßengraben und das, obwohl kein Gegenverkehr ist und damit genug Platz für uns beide wäre. Ein guter Zeitpunkt, um mit meiner Aggression umgehen zu lernen.

Nach einigen Tagen nahm ich die Herausforderung an, denn ich wollte nicht mehr in den Straßengraben springen oder mich erschrecken lassen. Ich brauchte Jahre, um meinen Puls zu beruhigen und habe erstmals seit Jahren wieder innert Sekunden einen hohen Puls, einfach weil ich mich erschreckte und das mehrmals am Tag. So konnte und durfte es nicht weitergehen.

Ich fixierte mit Augenkontakt jeden entgegen kommenden Autofahrer und merkte sofort, wenn er mich erschrecken wollte, denn dann zog ein süffisantes Grinsen über seine Gesichtszüge. Das hieß meistens, dass er eher noch mehr Gas gab und möglichst knapp an mir vorbeizog. Durch den Hirnabszess muss ich wieder lernen, Geschwindigkeiten und Abstände einschätzen zu können, um mich sicher im Verkehr bewegen zu können. Das hier war aber eine neue Art.

In für mich relevanten Situationen kann ich es schon ganz gut. Ich habe nur mehr wenig Probleme damit zu wissen, wie weit und wohin ich den nächsten Schritt setzen kann oder wenn ich etwas aufheben möchte, es auch wirklich mit dem ersten Griff erfassen zu können. Mit so etwas wie den Autofahrern war es allerdings eine neue Situation für mich. Anfangs ärgerte ich mich über den verursachten Schreck, aber wie gesagt, ich nahm die Herausforderung an.

Zielte wieder auf mich jemand zu, obwohl genug Platz war, nahm ich beide Wanderstöcke in die zur Straßenseite liegende Hand und hielt sie seitlich von mir weg. Man muss dazusagen, auf vielen Abschnitten gibt es kein Straßenbankett. Man geht auf der Straße und hat kaum Möglichkeit, auf die Seite zu treten, da das hohe Gras direkt daneben beginnt oder ein abschüssiger Straßengraben. Es war für mich jedoch ein gutes Training, um Abstand und Geschwindigkeiten abschätzen zu lernen.

Mit dem Blick blieb ich bis zum Schluss in den Augen des Autofahrers, die sich vom ersten Grinsen in ein "...was macht er denn jetzt?", erschrecktes Gesicht wandelte. Es hatte jeder im Endeffekt mehr Angst um sein Auto, ging kurz vom Gas und machte damit kurz vor mir doch einen Bogen um mich.

Ein paarmal blieb das Auto fast stehen, da jetzt der Autofahrer ärgerlich war. Sofort deutete ich ihm, mit den Stöcken in der Hand nach, er solle nur herkommen, dafür fehlte aber allen der Mut. Sie gaben wieder Gas und fuhren weiter, denn meine gesamte Körperhaltung strahlte Ärger aus und darauf wollten sie sich dann doch nicht einlassen, denn sie spürten, dass sie im Unrecht waren.

Sie wussten natürlich nicht um meine körperliche Unterlegenheit, denn eigentlich hätte ein Windhauch gereicht und ich falle um. Und da sind wir wieder beim Thema "nicht sichtbare Behinderungen". In diesem Fall habe ich es nicht mehr hingenommen, mich so behandeln zu lassen und mich zur Wehr gesetzt. Zu lange habe ich Dinge hingenommen und den Ärger in mich hineingefressen. Da war es natürlich eine gute Möglichkeit, mit diesen Emotionen umgehen zu lernen.

Das kann natürlich zweierlei Konsequenzen haben. Die erste wäre, der Autofahrer hat dazugelernt und wird keine Pilger mehr erschrecken, um nicht selbst dadurch Konsequenzen zu erleiden. Die zweite ist die nicht so schöne, er wird seinen Hass auf Pilger, wo immer der herkommt, weiter ausleben, solange, bis er dann doch einmal die Konsequenzen erleben wird. So hatte dies doch recht negativer Erlebnis für beide Seiten gute Lehren, die ich dankbar annahm.

Vom schwierigen Verkehr auf diesen ersten rund 400 Kilometern hatte ich schon gehört, aber diesmal auch erlebt. Deshalb empfehle ich jedem, ab Porto loszugehen und den Teil ab Lissabon auszulassen. Es ist ein schöneres Pilgererlebnis ab Porto, außer man hat ähnlich gelagerte Themen.

Trotz der oft schwierigen Verhältnisse, nicht nur mit dem Verkehr, möchte ich keinen Meter dieser Strecke vermissen.

Der Geruch neben dem Weg, der Straße und im Wald!

Da ich jeden Meter zu Fuß gehe, habe ich auch alles kennengelernt. In den vereinzelten Herbergen habe ich dann andere Pilger kennengelernt, die es anders handhabten. Man geht nämlich praktisch immer in der Nähe der Eisenbahnstrecke und kommt immer wieder an Stationen vorbei. Viele überbrücken dann nicht so schönen Abschnitte mit der Eisenbahn und gehen eben dann wieder weiter. Auch eine Möglichkeit, ich aber wollte wirklich alles zu Fuß zurücklegen.

Und da kommen wir zum Geruch. Speziell auf den ersten 200 Kilometern liegt oftmals ein Fäkaliengeruch in der Luft, der einem den Atem nimmt. Erst viel später erfuhr ich von einem in Portugal lebenden Deutschen, dass viele Portugiesen keinen besonderen Umwelt- oder Naturschutzgedanke haben. Dazu kommt die Teuerung, dass viele kaum mehr Geld haben. Aus diesen Gründen, werden die Senkgruben oft nicht ausgeleert und gehen über. Das mündet in einem übelriechendem Gestank im Straßengraben, neben dem man ja viele Kilometer zurücklegt.

Das alles klingt sehr negativ über Portugal, aber das gehört auch einmal gesagt. Es ist natürlich nicht überall so und es gibt auch Abschnitte, die wirklich schön sind.

Einen weiteren dieser negativen und positiven Gründe liefert auch der Wald.

Zwischendurch findet man sich wieder in duftenden Eukalyptuswäldern. Es ist oft eine einzige Dufttherapie, durch den, mit ätherischen Ölen angereicherten Wald, zu gehen. Das ist das Positive, beinhaltet aber gleichzeitig auch Negatives.

Der Eukalyptus ist in Portugal nicht heimisch und wächst bereits auf mehr als einem Viertel der portugiesischen Waldfläche. Er dient der Papierherstellung, weil er so schnell wächst und wird in den meisten Regionen angebaut. Beim Gehen macht sich der Duft bemerkbar und tut vielen Menschen gut.

So schlecht ist es aber für die Tier- und Pflanzenwelt. In einem solchen Wald gibt es keinen Vogelgesang, also auch keine Vögel und die restliche Tierwelt, wie Mäuse, andere Nager oder Rehwild, halten den starken Eukalyptusduft ebenfalls nicht aus. Und das auf einem Viertel der Waldfläche Portugals!

Dem Kommerz wird viel geopfert und dazu kommen jedes Jahr enorme Waldbrände, wo das Feuer viele Häuser und Dörfer verschluckt. Wenn ich genau überlege, habe ich meinen ersten bewussten, dort heimischen Wald, erst nach Tagen gesehen, als es über einen 600 Meter hohen Bergrücken ging.

Es ist zwar im ersten Moment wohltuend durch diese Eukalyptuswälder zu gehen, aber mit dem Wissen um die Hintergründe verliert es seinen Zauber.

Regen am Camino Portugiese

Hatte ich am Camino Frances in vier Wochen nur zwei Tage wirklich Regen, so erwische ich hier des Öfteren Regentropfen. Die Stärke wechselt immer ab zwischen leicht, gar nicht und stark. Sobald es beginnt, ziehe ich so schnell wie möglich den Poncho über, denn man hat nur wenige Sekunden Zeit, bis es zu schütten beginnt.

Nass unter dem Poncho zu sein, mag ich nicht besonders. Es wird daher an manchen Tagen ein An- und Ausziehen. Ich bin erstmals in normalen Schuhen von Hoka unterwegs, nicht mit Gore-Tex, das ist für mich gewöhnungsbedürftig. An manchen Tagen habe ich von Früh bis Spät nasse Schuhe, Socken und Füße. Meine Hoka Gore-Tex habe ich ja in Santiago entsorgt, nach 1.200 km, die sie drauf hatten und neue besorgt. Diesmal nur mit Mesh, das ist gewöhnungsbedürftig, wenn es nass ist.

Von Lissabon nach Porto in 9 Tagen, am Camino Portugiese

Die knapp 400 Kilometer von Lissabon nach Porto legte ich in 9 Tagen zurück. Ab Porto begleitet mich Alexander Rüdiger, der aus Wien nachkommt. Eine Premiere für uns beide, da wir zwar schon oft die heimischen Pilgerwege in Österreich begangen sind, aber zusammen noch nie in Spanien oder Portugal waren.

Am letzten Tag lege ich 65 km zurück, da ich mich am nächsten Tag in der Früh in Porto mit Alexander treffe. Der Tag besteht fast zur Gänze aus Asphalt und Kopfsteinpflaster, mit immer wieder leichtem Regen dazwischen. Erst im Finsteren treffe ich in Porto ein und muss noch durch die ganze Stadt zur Herberge gehen.

So sehe ich, gleich wie in Lissabon, die ganze Stadt während des Gehens. Spät treffe ich in der Herberge ein, wo ich zum Allerersten die Wäsche wasche. Nach der Dusche sitze ich wieder im Regenzeug in der Küche und bereite ich mir ein Essen. Danach hole ich die Wäsche ab und gehe schlafen. Das war mein bisher längster Tag.

Mit Alexander am Camino Portugiese

Für diesen ersten Abschnitt habe ich mich bewusst für das Gehen und täglich viele Kilometer entschieden, ab Porto stehen dann weniger Kilometer am Tag auf dem Programm. Darüber im nächsten Teil.

Teil 2 behandelt den Camino Portugiese, von Porto nach Santiago de Compostela.


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2 comments on “Camino Portugiese 2023, die Extrameile - Teil 1”

Ich bin Jörg, wohne in der Nähe von Graz und blogge hier über meinen Weg zurück ins Leben, das ein Hirnabszess 2016 völlig auf den Kopf gestellt hat.
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