Mein Leben bestand bisher nur aus Therapie. Drei Jahre sind aber genug und diese Zeit habe ich mir auch gegeben. Man sagt, dass die ersten zwei Jahre in der Neurologie besonders wichtig sind.
Eine neue Aufgabe besteht darin, zwischen Leben und Therapie zu unterscheiden. Der Weg zur Jakobus Kirche in Thal war ideal dazu.
Das ist nicht einfach, wenn die letzten drei Jahre nur aus Therapie bestanden. Für mich war auch jede Tätigkeit im normalen Leben eine Therapie.
Es ist eigentlich nur die Sichtweise darauf. Ich kann spazieren gehen und es als Therapie sehen oder es einfach für mich tun, ohne mit dem Ziel, etwas zu verbessern oder es als Therapie zu sehen.
Immer wieder gehe ich jetzt spazieren, ohne etwas zu wollen. Das ist nur eine kleine Gedankenänderung, die aber sehr viel ausmacht.
Im Pilgern erwarte ich mir nichts, trotzdem kann Pilgern Therapie sein. Am Jakobsweg voriges Jahr habe ich beides erlebt. Der ganze Weg war eine Therapie und hat meine Defizite verbessert.
Gleichzeitig konnte ich auch erstmals seit drei Jahren Leben. Der Camino hat mir so viel gegeben, wie nichts anderes bisher. Klar, ich war oft am Limit, aber ich konnte einen wichtigen Schritt auf dem Weg zurück ins Leben machen.
Ich mache jetzt schon seit einiger Zeit wieder Physio- und Ergotherapie. Ich brauchte dringend einen Ausgleich dazu. Was lag näher, als die Jakobus Kirche in Thal zu besuchen! Ich versuchte den Weg im Pilgermodus zu beschreiten.
Die Jakobus Kirche in Thal ist von Prof. Ernst Fuchs in besonderer Weise gestaltet. Das Auf und Ab des Lebens, wie des Pilgerweges, symbolisiert er durch unebenen Boden, der für mich besonders schwer zu begehen ist.
Die Kirche ist der Beginn des Weststeirischen Pilgerweges von Thal nach Lavamünd in Kärnten. Am liebsten wäre ich gleich weiter gegangen, aber die Therapie hat Vorrang.
Dafür gelang es mir, in den Pilgermodus zu kommen. Es war seit langem ein besonders unbeschwerter Tag, den ich voll und ganz genießen konnte. Manchmal war es zwar auch Therapie, aber ich konnte beim Gehen immer wieder schnell umschalten.
Der Tag motivierte mich, wieder Pilgern zu gehen. Da es mir im letzten Jahr so gutgetan hatte, werde ich nach dem Ende der Therapie wieder Pilgern gehen. Welchen Weg weiß ich noch nicht, das werde ich kurz vorher entscheiden.
Da ich im Moment nicht sehr gut drauf bin, werde ich den Weg sehr langsam gehen. Das macht aber nichts, denn schnell kann ich sowieso nicht. Ein weiterer Grund ist mein Buch, dass ich fertig schreiben möchte. Daher kann ich mir Zeit lassen.
Ich bin jetzt schon längere Zeit nicht mehr weiter unterwegs gewesen. Daher bin ich auch Ausdauer mäßig nicht sehr gut drauf. Es wird ähnlich wie im letzten Jahr sein. Nur weiß ich diesmal, dass ich viel mehr schaffe, als ich oft glaube. Natürlich bin ich im Denken noch nicht viel besser drauf, wie im Vorjahr. Aber ich weiß jetzt besser damit umzugehen.
So hat mir die Kirche in Thal sehr viel gegeben und mich für neue Aufgaben motiviert.