Dieser Spruch ist mir in den letzten Tagen öfter über den Weg gelaufen. Einige der bekanntesten Ultra Trail Läufe fanden in den letzten zwei Wochen statt.
Eiger Ultra Trail, Zugspitz Ultra Trail, Hardrock 100 - um die bekanntesten zu nennen. Über Facebook, Posts und viele laufende Blogger, verfolge ich zur Zeit die Welt "draußen", an der ich noch nicht teilhaben kann.
Auch ich "rocke" die Trails rund um meinen Hausberg, den Schöckl. Wobei, die Schöckl Gegend, ist ein bisserl zu weit gegriffen. Kalkleiten eigentlich auch. Es sind derzeit "nur" die Trails rund um mein Wohnhaus in Stattegg. Weiter komme ich noch nicht.
Hinter dem Haus geht´s gleich hoch in Richtung Kalkleiten und weiter zum Gipfel des Schöckel. Und mein "rocken" ist langsames Gehen, dahin stolpern und ein Ringen ums Gleichgewicht.
Falls jemanden die Schreibweise stört, ich habe sie bewusst genommen, um auf die Veranstaltung "Schöckl Classic" hinzuweisen. Der Schöckl schreibt sich ohne "e", der Schöckel Classic aber mit "e".
In meinem alten Leben habe ich von 2010 bis 2016 für die Veranstaltung das Video produziert. Jetzt ist mein Ziel, dieses Rennen als Aktiver zu absolvieren. Ich nehme mir einmal 2018 vor. Diesen Duathlon hat es in meiner Zeit als Extremsportler ja nicht gegeben.
Hier unten ein Video der 2015 Version. Der nächste Schöckel Classic findet am 24.September 2017 statt.
Der Wald um Stattegg ist also die Gegend, in der ich trainiere und mich therapiere. Konnte ich im vorigen Jahr, im November, nur wenige Meter weit den Berg hochgehen, sind es jetzt schon einige Hundert. Natürlich brauche ich noch Pausen, aber inkl. Workout brauche ich schon eine Stunde.
Das Terrain ist ideal um das Gleichgewicht zu üben. Ich baue meine Waden auf und stärke die Oberschenkel, indem ich immer höhere Steine am Weg überwinde. Dazu ist der Waldboden super geeignet, um meine Sprunggelenke zu stärken, da ich auf dem weichen Boden stabil gehen muss. Ab und zu versuche ich auch durchs Unterholz zu gehen.
Ich muss allerdings damit klar kommen, dass es langsam geht. Ein Hirnabszess ist kein Beinbruch, wo es meist Erfahrungswerte mit der Heilungsdauer gibt. Meine Dauer ist offen und das macht es manchmal schwer für mich.
Bergauf bin ich noch immer sehr langsam unterwegs. Für 6000 Meter Höhe wäre das eine gute Geschwindigkeit, aber hier!
Es sind die neurologischen Störungen, die noch kein höheres Tempo zulassen. Ich muss noch immer zuviel Denken beim Gehen, mein Geist ist schnell überfordert damit. Besonders die Koordination wird schnell zuviel.
Denn ich war rechtsseitig komplett gelähmt und darf froh sein, dass ich überhaupt im Wald gehen kann. Passe ich allerdings nicht darauf auf, den rechten Fuß weit genug zu heben, bleibe ich leicht am Boden hängen. Über Wurzeln steigen ist daher eine Standardübung für mich im Wald. Irgendwann wird es wieder automatischer funktionieren.
Ich habe den Gleichgewichtssinn verloren und muss erst wieder lernen, den Körper auszubalancieren und die richtigen Muskeln zu verwenden.
Auf den Fotos kann ich mich selbst fast nicht anschauen. Immer Breitbeinig und die Arme zum Austarieren seitlich weggestreckt. So wackle ich dahin. Zum Glück werden keine Haltungsnoten vergeben :-). Von der Eleganz und dem Gazellen haften Laufen eines Trailrunners bin ich weit entfernt. Aber jeder fängt einmal an.
Den Wald genieße ich wie nie zuvor. Trotz der Anspannung beim Gehen und der doch recht schnellen Erschöpfung, komme ich geistig nicht mehr so müde nach Hause. Das Schauen in den grünen Wald tut dem Körper und der Seele gut. Die gleiche Zeit in der Stadt verbracht, bringt mich weit schneller ans Limit. Ein ganzer Tag in einem Waldgebiet führt dazu, dass die Anzahl der Killerzellen im Blut um 50 Prozent ansteigt – und gut eine Woche so bleibt. Deshalb verbringe ich lieber Zeit im Wald, als z.B. in der Stadt.
Mein Derzeitiges Ziel ist es, hoch bis zur Kirche nach Kalkleiten zu kommen. Und natürlich auch wieder hinunter. Früher ein Weg von 20 - 25 Minuten zu Laufen. Noch ist es utopisch, aber die Vorstellungskraft wird mir dabei helfen. Geistiges Training und Heilen ist nicht zu unterschätzen. Schon in meiner Zeit als aktiver Radrennfahrer konnte ich sehen, was möglich ist. Die Kraft der Gedanken sind nicht nur im Beruf oder Sport wichtig. Auch in der Krankheit ist es wunderbar zum Einsetzen.
Leider wird in der Schulmedizin noch zu wenig darauf eingegangen und meist nur "mechanisch" repariert. An dieser Stelle ein riesiges Danke an meine Therapeutinnen Lydia und Kerstin vom LKH, die mir die ersten Schritte und überhaupt wieder Bewegen beigebracht haben und in weiterer Folge auch an Karin, die in den bisherigen zwei Reha-Aufenthalten in Judendorf mit tollen Übungen an meinem Gangbild gearbeitet hat.
Schon als Radfahrer trainierte ich lieber im Freien. Ein Ergometer kam nur im Ausnahmefall zum Einsatz. Kraftkammer oder Turnhalle waren nur im Winter für Ausgleichs- und Krafttraining notwendig. Ich fuhr auch gerne bei widrigen Bedingungen mit dem Rad im Freien.
Das Training war für mich Freiheit. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Sieg bei den Hauptfahrern erinnern. Hobby und C-Rennen zähle ich nicht dazu. Es war das Einzelzeitfahren in Thörl. Ich kam im ersten Drittel des Starterfeldes dran und es begann, beim Start in Seewiesen, zu schneien. Es war kalt und nass. Trotzdem fühlte ich mich wohl und hatte einen guten Druck am Pedal.
Überraschenderweise hatte ich die Bestzeit im Ziel. Es hieß für mich noch lange abwarten. Erst als ein Favorit nach dem anderen hinter mir blieb, begann ich an ein gutes Ergebnis zu denken. Strecko Glivar, ein Slowene, kam als letzter an die Reihe. Zittern bis zum Ende. Als auch er im Ziel nur wenige Sekunden hinter mir lag, war es sicher. Ich war an diesem Tag der Schnellste im Rennen und mein erster Sieg bei den Hauptfahrern. Ich freute mich, spürte aber keine Euphorie, wie ich es mir immer vorstellte. Es war irgendwie eine Art Leere in mir. Ich dachte nur: "Das war es? Ok. So fühlt sich also ein Sieg an! Schön.". Mir fehlte ein gewisses Glücksgefühl.
Und an diesem Tag begriff ich, dass es um mehr geht, als nur ums Gewinnen. Radrennfahren war etwas, um fürs Leben zu lernen. Ich lernte wie man mit Gewinnen und Verlieren umgeht. Ich lernte, auch bei schlechtem Wetter, positiv zu bleiben. Das beste aus einer Situation zu machen. Auch das Leiden als etwas positives zu sehen.
Natürlich fuhr ich, wie die meisten auch, lieber bei schönem Wetter Rennen und trainieren. Aber entscheidend ist es, wie gehe ich mit allem anderen um. Viele geben schon bei ein paar Regentropfen auf oder wenn das Wetter nicht schön ist, wenn das Rennen hart ist, wenn man leidet oder wenn Widrigkeiten auf einen treffen.
Radrennfahren wurde für mich zur Lebensschule. Und es hatte erst begonnen. Meine Bewusstseins-Schulung stieg mit dem Extrem-Radfahren auf einen neuen Level an. Im Extremsport waren nur wenige Österreicher tätig und bei vielen Rennen in Amerika war ich als erster Europäer am Start. Das Reisen selbst wurde bereits zum Erlebnis. Es war schön, auf diese Art zu lernen.
Und dieses Lernen und Erleben im Sport habe ich bis heute beibehalten. Nach einem 10-jährigen Ausflug in die Filmwelt, wo ich unter anderem für Puls4 filmte, holte mich der Sport wieder ein. 2013 begann ich mit dem Trailrunning. Im Juli filmte ich noch beim Eiger Ultra Trail, der mich so motivierte, dass ich kurz darauf meinen ersten Trailrun unternahm. Und das nach mehren Jahren Sportpause.
Nur ein Jahr später nahm ich am Eiger Ultra Trail teil. Eigentlich ein Wahnsinn ob meiner Vorbereitungszeit. Ich beendete das Rennen nach 63 Kilometern. Ich finishte damit die Halbdistanz und war mit mir zufrieden. In der Folge nahm ich an keinen Wettkämpfen mehr teil, sonder lief nur mehr für mich.
Manchmal war ich zwei, drei Tage unterwegs und durchquerte einen Gebirgsstock. Mit Schlafsack und Minimal-Ausrüstung war ich auch fürs Übernachten gewappnet. Das machte mich zufrieden, denn ich setzte mich wieder mit der Natur auseinander.
Das Trailrunning gab mir eine gute körperliche Basis, das Hirnabszess besser zu überstehen. Gerade jetzt ist mir Bewegung in der Natur sehr wichtig. Meine Sensoren sind noch feinfühliger als früher und melden mir noch besser, was mir gut tut und was nicht. Und darauf höre ich.
Ich kann nur immer wieder jeden ermuntern: Geht in die Natur, schaut in den Wald, lauscht dem Gurgeln eines Baches, erfreut euch an der Natur. Es bringt den Geist zur Ruhe und ermöglicht den Ausstieg aus der Hektik der täglichen Anfordernisse. Positive Gefühle erscheinen größer und wichtiger als jene, die einen eher zermürben.
Zum Schluss möchte ich noch etwas über meinen Namen schreiben. Krasser bedeutet "extremer". Extremes war mir damit in die Wiege gelegt. Extrem heißt ja nur, seine Komfortzone zu verlassen, eben auch krasser. Alles außerhalb der Komfortzone wird oft mit dem Sprüchen bewertet: "Ist das krass!; Ein krasser Weg!; Echt krass!; Krasser gehts nicht!".
Die Sprüche kennt jeder. Auch ich kenne und kannte sie. Aber erst jetzt bringe ich sie mit meinem Namen in Zusammenhang. Früher machte ich mir kaum Gedanken darüber. Jetzt weiß ich, dass ich einen echt "krassen" Lebensweg habe.